Innenpolitische Reaktionen
Nach US-Angriff: Merz beruft Sicherheitskabinett ein
Aktualisiert am 22.06.2025 – 15:21 UhrLesedauer: 5 Min.
Kanzler Merz setzt im Konflikt mit dem Iran auf Verhandlungen. Die SPD-Linken Stegner und Mützenich sind kritischer. BSW-Chefin Wagenknecht spricht von „Verbrechen“. Die Union hofft auf einen Regimewechsel in Teheran.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat nach den US-Angriffen auf den Iran eine diplomatische Lösung der Krise angemahnt. „Iran muss mit USA und Israel verhandeln und zu diplomatischer Lösung kommen“, erklärte Merz am Sonntag.
Video | Trump geht ein hohes Risiko ein
„Die Bundesregierung geht davon aus, dass große Teile des iranischen Nuklearprogramms durch die Luftschläge beeinträchtigt wurden“, teilte Merz‘ Sprecher mit.
Der Kanzler berief für Sonntagmorgen das Sicherheitskabinett der Bundesregierung ein. Im Laufe des Tages wollen sich Merz und die Minister des Sicherheitskabinetts demnach mit ihren Partnern in der EU und mit den USA „über weitere Schritte eng abstimmen“.
Der Angriff von US-Präsident Donald Trump löste innenpolitisch eine heftige Debatte aus. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sagte t-online: „Donald Trump zündet den Nahen und Mittleren Osten an. Der Angriff der USA auf den Iran ist ein schwerer Völkerrechtsbruch, den die Bundesregierung scharf verurteilen muss.“
Wagenknecht warf Trump Kriegsverbrechen vor und sah eine Doppelmoral: „Der Kriegseintritt der USA ist ein Verbrechen, das die gesamte Region ins Chaos stürzen könnte. Bei Russland zählt das Völkerrecht, bei Israel und den USA nicht: Diese heuchlerische Doppelmoral macht den Westen in der ganzen Welt unmöglich!“
Die US-Luftwaffe hatte in der Nacht iranische Atomanlagen in Isfahan, Natans und Fordo angegriffen. Der Iran hatte mit Raketenangriffen auf Israel reagiert. Weltweit wurde vor einer Eskalation der Gewalt in der Region gewarnt.
Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Führung im Iran „die nächsten Tage nicht überstehen wird“, sagte Mützenich der Zeitung. „Wahrscheinlich ist aber auch, dass die Region in eine Phase weiterer Kriege und Destabilisierung treten wird, mit den damit verbundenen Folgen für die Menschen und die natürlichen Lebensgrundlagen.“ Der Ansatz der europäischen Außenpolitik, den die Bundesregierung „zuletzt mit europäischen Partnern dankenswerterweise nochmals versucht hat“, sei jedenfalls „gescheitert“.
Kritik an Trumps Vorgehen kam nicht allein vom BSW. Auch der linke Flügel der SPD rügte die militärische Eskalation. SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagte der Berliner Zeitung „Tagesspiegel“: „Der Versuch, die internationale Ordnung durch Zusammenarbeit, Kontrolle und Verträge zu stärken, wird um Jahrzehnte zurückgeworfen.“
Mützenich ist entschiedener Verfechter einer Abrüstungspolitik. Schon in seiner Promotion „Atomwaffenfreie Zonen und internationale Politik“ hatte er sich mit der Frage befasst. Zuletzt hatte er in einem „Manifest“ genannten Papier die steigenden Rüstungsausgaben in Deutschland heftig kritisiert und damit auch SPD-Parteichef Lars Klingbeil unter Druck gesetzt.
Mitinitiator des Papiers war auch der SPD-Linke Ralf Stegner. Er sagte der „Rheinischen Post“ aus Düsseldorf, das sei „kein guter Tag für alle, die auf Frieden hoffen“.
Erst vergangene Woche hatten sich Deutschland, Frankreich und Großbritannien bei einem Treffen mit Irans Außenminister, Abbas Araghtschi, um eine diplomatische Lösung bemüht. Stegner sagte nun: Während Außenminister Johann Wadephul (CDU) noch am Freitag in Genf von „ermutigenden diplomatischen Gesprächen“ mit dem Iran gesprochen hatte, habe Trump mit Luftangriffen auf iranische Atomanlagen „die Welt eines Schlechteren belehrt“. Ob es nun noch gelingen könne, einen Flächenbrand im Nahen Osten oder eine darüber hinausgehende gefährliche Eskalation zu verhindern, „dürfte die entscheidende Frage in den nächsten Wochen sein“.