Stand: 28.05.2022 12:41 Uhr
Das heute endende Film-Festival in Cannes zeigt: Kinomacher glauben an die wirtschaftliche Zukunft des Films für die große Leinwand – trotz des Tiefs in der Pandemie und trotz des Erfolgs von Streamingdiensten.
Im deutschen Pavillon treffen sich in Cannes Produzenten, Schauspieler und Regisseurinnen – direkt am Strand, bei Rosé und Häppchen. Die Stimmung ist gelockert. Alle sind voller Tatendrang – nach den Pandemie-Jahren, die vor allem für das Kino hart waren.
Cannes feiert das klassische Kino
Der Stau bei den Kinostarts sei immer noch nicht vorbei, sagt Christoph Müller, Produzent bei Constantin-Film in München. Und: “Die Inflationierung geht weiter.” Weil die Fußball-WM dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit stattfindet, lohnen sich Kino-Neustarts nicht. Einige für die große Leinwand produzierte Filme werden deswegen voraussichtlich nie in die Kinos kommen.
Dennoch glauben die Produzenten hier daran, dass der Kinofilm eine Zukunft hat. Das liegt auch an Cannes. Hier steht das Filmtheater im Mittelpunkt. Filme, die exklusiv für Streamingdienste produziert werden, sind vom Wettbewerb um die “Goldene Palme” ausgeschlossen.
Kinomacher Müller glaubt an alte Erfolgsstories. Mehr als 30 Jahre nach dem ersten Film plant die Constantin “Manta Manta 2”, wieder mit Til Schweiger und Tina Ruland. Auch die Nibelungensage soll aufwändig neuverfilmt in die Kinos kommen. “Wir setzen auf die großen Marken auf, das wird riesig-fett”, sagt der Produzent.
Deutsche Filme für die Welt
Gegenüber am Tisch sitzt Produzenten-Kollege Fabian Gasmia von “Seven Elephants” in Berlin. Auch er setzt auf Mega-Film-Projekte mit großen Budgets und Starbesetzung. Dadurch werde das Kino attraktiv bleiben, ist er überzeugt. “Es gibt auch weiterhin das Bedürfnis nach dem Kino-Event in einem großen Saal, in bester technischer Qualität”, sagt Gasmia. Genauso wie manche eben auch einen Boxkampf live sehen wollten oder ins Fußballstadion gehen.
An Talenten mangele es in Deutschland jedenfalls nicht – Regisseurinnen, Drehbuchschreiber, Schauspielerinnen und Schauspieler. Die Branche sei aber noch zu sehr fixiert auf den deutschen Markt. Um Kino aus Deutschland auch in Südkorea, Kanada oder Brasilien erfolgreich zu machen, müsse in die Produktionen viel mehr Geld fließen.
Pandemie-Push für Filme in der Originalsprache
Dass der Kinomarkt nach der Pandemie wieder seine alte Größe erreichen wird, ist eher zweifelhalft. Produzent Gasmia, der auch für die Produktionsfirma des dänischen Regisseurs Lars von Trier arbeitet, kann das nicht bange machen. Wenn der Kinomarkt nur 70 Prozent der Vor-Corona-Zeiten erreichen sollte, würde ein deutscher Anteil von zwei Prozent schon reichen, um erfolgreicher zu sein denn je, sagt er.
Die Streamingdienste hätten während der Pandemie auch Pionierarbeit für das Kino geleistet: Beim Heimkino während des Lockdowns hätten viele Menschen weltweit gemerkt, dass Filme im Original mit Untertiteln viel authentischer sind als synchronisiert. Eine Riesenchance sei das für den deutschen Film.
Auch Arthouse hat Zukunft
Am Strand vor dem deutschen Pavillon stehen Gerhard Meixner und sein Kompagnon Roman Paul von der Berliner Produktionsfirma Razor Film. Mit ihren Arthouse-Filmen kommen sie seit mehr als 20 Jahren nach Cannes und haben zum Beispiel “Waltz with Bashir”, “Das Mädchen Wadjda” oder “Paradise Now” in die Programmkinos gebracht.
Dieses Filmgeschäft werde auch in Zukunft funktionieren, meint Meixner. “Letztendlich geht es darum, Filme zu machen, die im jeweiligen Segment ihr Publikum erreichen.” Das könne natürlich Mainstream sein, aber eben auch kleine, feine Produktionen, die im Programmkino um die Ecke laufen.
Bis es soweit ist, müssen Meixner und Paul in Cannes noch viele Leute treffen – Investoren, Produzentenkollegen, Käufer von Filmrechten. “Das ist hier auch ein bisschen Casino”, sagt Paul, “eine merkwürdige Vermischung von privatem Vergnügen und geschäftlichem Erfolg.” Die aber absolut fasziniere.