Ungarn verliert sein erstes EM-Spiel gegen die Schweiz. Der nächste deutsche Gruppengegner zeigt dabei durchaus, dass er der DFB-Elf gefährlich werden kann. Doch die Schwächen bleiben eklatant.

Aus Köln berichtet William Laing

Den Auftakt in die Europameisterschaft hatte sich die ungarische Nationalmannschaft sicherlich anders vorgestellt. In Köln unterlag das Team des italienischen Trainers Marco Rossi der Schweizer Auswahl mit 1:3 (0:2) – letzten Endes verdient, weil sich insbesondere in der Anfangs- und Schlussphase der Partie haarsträubende Fehler in die Abwehrreihe der Ungarn einschlichen und somit ein zumindest vom kämpferischen Aufwand her möglich gewesenes Remis in weite Ferne rücken ließen.

Mittelfeldmann Ádám Nagy sagte deshalb nach der Partie in der Mixed Zone der Arena „Wir wissen […], dass wir nur uns selbst die Schuld geben können.“ Und weiter: „Wir haben das Spiel absolut nicht so begonnen, wie wir es uns vorgenommen hatten“, so der 28-Jährige, der die Fehler aber nicht nur in der Defensive sah: „Unser Angriff hat nicht gut funktioniert und wir haben es leider nicht rechtzeitig gemerkt.“

Dass die Ungarn gegen die Schweiz zu spät aufwachten, ist angesichts des kommenden Gegners in der Gruppe A besonders bitter. Am Mittwoch treffen die „Magyaren“ in Stuttgart auf die DFB-Auswahl (ab 18 Uhr im Liveticker bei t-online), die am vergangenen Freitag mit einem fulminanten 5:1 gegen Schottland ins Turnier gestartet ist. Verliert Ungarn auch die zweite Partie bei dieser EM, würde das den Traum vom Achtelfinale mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit platzen lassen. Doch trotz der Pleite zum Turnierstart präsentierte die Mannschaft gegen die Schweiz durchaus eine Qualität, die Hoffnung macht – und der DFB-Elf im Umkehrschluss vielleicht sogar Sorgen bereiten könnte.

So ist die Mentalität der Männer aus dem mitteleuropäischen Binnenstaat nämlich offenbar eine andere als die der Schotten, die sich erschreckenderweise am Freitagabend fast wehrlos ihrem Schicksal ergaben. Nach dem frühen 0:2 Rückstand gegen Deutschland war der Wille der „Bravehearts“ bereits gänzlich gebrochen. Was folgte, war eine Machtdemonstration der Mannschaft von Julian Nagelsmann, an deren Ende die Schotten fast von Glück reden konnten, nicht noch deutlicher unter die Räder gekommen zu sein.

Bei der ungarischen Elf sah das am Samstag wiederum anders aus. Zwar lag man zur Halbzeit gegen die Schweiz mit 0:2 hinten und konnte sich im ersten Durchgang offensiv kaum in Szene setzen, doch in der zweiten Hälfte zeigte sich die Mannschaft nach kurzen Anlaufschwierigkeiten plötzlich hellwach.

Stürmer Barnabás Varga hatten nach rund einer Stunde binnen drei Minuten plötzlich drei riesige Möglichkeiten zum Anschluss. In der ersten Situation, in welcher der 29-Jährige frei vor dem Tor recht kläglich vergab, hätte der Treffer aufgrund eines vorangegangenen Foulspiels zwar nicht gezählt, doch die Aktion wirkte wie ein Weckruf. Ungarn war plötzlich zur Stelle, die Schweiz, die das Spiel bis dahin fast vollkommen unter Kontrolle hatte, wankte. Varga vergab seine zweite Chance frei stehend per Kopf. Die dritte Möglichkeit nutze er dann aber zum in dieser Phase auf einmal verdienten Anschlusstreffer.

Die deutsche Mannschaft tut gut daran, zumindest in dieser Hinsicht Vorsicht walten zu lassen. Denn: Ungarn kann, das zeigte die Dreifachchance von Varga exemplarisch, aus einem scheinbar aussichtslosen Rückstand in einem Spiel ohne viel eigene Kontrolle binnen kürzester Zeit einen offenen Schlagabtausch gestalten. Genau das könnte Deutschland am Mittwoch gefährlich werden. Mit einem Gegner, der zurückschlägt und in der Folge auch das Stadion hinter sich weiß, hat es die DFB-Elf nämlich noch nicht zu tun bekommen.

Share.
Exit mobile version