Was passiert, wenn die größte Volkswirtschaft der Welt die Kontrolle über ihre Finanzen verliert? Eine Analyse zwischen Konsumkrise, Anleihenpanik und Trumps Steuerspielen.
Mit Donald Trump ist nicht nur ein ehemaliger Präsident ins Amt zurückgekehrt, sondern auch eine Wirtschaftspolitik, die selbst vielen Ökonomen, Investmentprofis und sogar Konservativen aus Trumps eigenem Lager Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Der neue Präsident hat der Welt einen Zollkrieg erklärt, um Amerikas Handelsdefizit auszugleichen. Gleichzeitig will er den Dollar schwächen, die Industrie zurück ins Land holen – und die Kontrolle über die US-Notenbank Federal Reserve gewinnen.
Das alles sind Zutaten, um eine handfeste Weltwirtschaftskrise auszulösen.
Doch bevor man Trumps Wirtschaftspolitik genauer betrachtet, lohnt es sich zunächst, einen Blick auf die amerikanischen Konsumenten zu werfen. Von deren Ausgaben hängen schließlich rund zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts ab. Sind sie zur Vorsicht gezwungen, verliert die Wirtschaft ihr Fundament.
Die amerikanische Wirtschaft sendet nicht erst seit Trumps „Liberation Day“ am 25. April beunruhigende Signale, vieles hatte sich bereits nach seiner Amtseinführung im Januar angebahnt. Die finanzielle Lage vieler US-Bürger ist angespannt.
Im Durchschnitt haben US-Haushalte Kreditkartenschulden von etwa 6.500 bis 10.750 Dollar. Die Zinsen für diese Schulden liegen zwischen 15 und 20 Prozent – ein klares Zeichen dafür, dass viele Verbraucher am Limit leben. Für viele Amerikaner ist der Alltag damit zum Schuldenrisiko geworden. Wer früher mit Kreditkarte den Wocheneinkauf bestritt, zahlt heute Monat für Monat spürbar mehr – und gerät schneller ins Minus.
Auch der Immobilienmarkt zeigt Schwäche. Traditionell gilt er als Frühindikator für die wirtschaftliche Gesamtlage. Die aktuellen Zahlen sind alarmierend: Im April wurden hochgerechnet nur noch vier Millionen bestehende Häuser verkauft – so wenige wie seit der großen Finanzkrise 2009 nicht mehr. Der Grund: Die Finanzierungskosten sind explodiert. Hypothekenzinsen von sechs bis sieben Prozent machen Wohneigentum für viele unerschwinglich.
Mehr als 90 Prozent der US-Hypothekendarlehen laufen über solche langfristigen Verträge, wie die US-Investmentfirma Pershing Square berichtet. Das lähmt den gesamten Markt. Denn wenn Kredite teuer bleiben, kaufen weniger Menschen – und diejenigen, die bereits ein Haus besitzen, scheuen den Wechsel, weil sie ihre günstigen Altverträge verlieren würden. Die Folge: Der Markt stagniert, das Vertrauen sinkt.
Das sei ein klares Warnsignal, sagen Ökonomen. Wenn der Konsum stockt, droht die gesamtwirtschaftliche Dynamik zu erlahmen. In einem Land, in dem zwei Drittel der Wirtschaftsleistung vom Konsum abhängen, ist das eine dramatische Entwicklung. Während Handelskriege und politische Eskalationen die Schlagzeilen bestimmen, wächst im Schatten eine noch größere Gefahr: die Schuldenkrise.
Wie Trump mit Dekreten regiert und seine Meinung zu wirtschaftspolitischen Themen nach Lust und Laune ändert: Mit klassischer, seriöser Wirtschaftspolitik hat das wenig zu tun. Trumps Eingriffe sind radikal und interventionistisch – und sie könnten weitreichende Folgen für Amerika und die Weltwirtschaft haben.
Der Frankfurter Ökonom Martin Lück spricht im „Spiegel“ von einer „Operation am offenen Herzen der Weltwirtschaft“. Was Trump betreibe, sei „eine Bastelanleitung für den Totalcrash“. Lück, der früher als Investmentstratege für Blackrock arbeitete, warnt: „Vielleicht bleibt noch ein Jahr bis zum Crash, vielleicht noch ein halbes.“
Wer die Stabilität der Weltwirtschaft verstehen will, sollte nicht nur auf Aktienkurse schauen – sondern auf den Bondmarkt. Denn dort entscheidet sich, zu welchen Konditionen sich Staaten, Unternehmen und Verbraucher verschulden können. Und genau hier gerät immer mehr Sand ins Getriebe.
Die USA sind mit rund 36,8 Billionen Dollar verschuldet – das entspricht etwa 123 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Deutschland liegt bei etwa der Hälfte. Schon jetzt müssen die Vereinigten Staaten jährlich rund eine Billion Dollar allein für Zinszahlungen aufbringen. Damit zahlen sie mehr für Schulden als für die Ausgaben des Verteidigungsministeriums oder die staatliche Krankenversicherung Medicare. Die Verschuldung ist also nicht nur hoch, sie wächst auch schneller als alle Gegenmaßnahmen.