2,1 Millionen Rentnerinnen leben unterhalb der Armutsgrenze. Der Grund liegt auch im System. Ein Überblick über Reformideen und Wege zur besseren Vorsorge.
Waren vor 20 Jahren noch knapp zwei Millionen der über 65-Jährigen armutsgefährdet, sind es inzwischen 3,4 Millionen. Das zeigt eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes, über die zuerst der „Stern“ berichtete. Vor allem Frauen sind betroffen: Rund 2,1 Millionen Seniorinnen lebten demnach im vergangenen Jahr unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze. Diese lag 2024 für eine alleinlebende Person bei 1.378 Euro netto im Monat.
„Unser Rentensystem ist frauenfeindlich“, urteilte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, die die Zahlen beim Statistischen Bundesamt erfragt hatte. Doch liegt es wirklich am gesetzlichen Rentensystem, dass Frauen im Alter häufiger als Männer in Armut rutschen? Und was muss geschehen, damit künftig mehr Rentnerinnen und Rentner über ein auskömmliches Einkommen verfügen? Ein Überblick.
Die Frage ist weniger leicht zu beantworten, als man denkt. Schaut man sich die Durchschnittsrenten an, klingen die nackten Zahlen nicht gerade üppig: 930 Euro im Monat wurden Frauen Ende 2023 im Schnitt an Altersrente ausgezahlt. Männer kamen laut dem aktuellsten Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung immerhin auf 1.431 Euro. Die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung sind davon bereits abgezogen.
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Allerdings sind die Durchschnittswerte mit Vorsicht zu genießen. Denn eine gesetzliche Rente erhält in Deutschland bereits, wer gerade einmal fünf Jahre eingezahlt hat. Auch diese nur kurzfristig Versicherten sind in der Statistik enthalten und drücken diese entsprechend nach unten. Aussagekräftiger ist da schon der Blick auf die Altersrenten von Menschen, die mindestens 45 Jahre in der gesetzlichen Rentenkasse versichert waren.
Nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wurde diesen sogenannten besonders langjährig versicherten Rentnerinnen zuletzt durchschnittlich 1.372 Euro monatliche Altersrente ausgezahlt, Männer bekamen 1.731 Euro. Wer nicht auf 45 Beitragsjahre, aber auf mindestens 35 kommt, kann die Rente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen – allerdings mit Abschlägen von 0,3 Prozent der Rente für jeden Monat, den man vor dem regulären Renteneintrittsalter in den Ruhestand geht.
Die Auszahlbeträge unterscheiden sich daher nur unwesentlich von den oben genannten Durchschnittsrenten: So bezogen langjährig versicherte Rentnerinnen zuletzt 985 Euro netto im Monat, Männer 1.471 Euro.
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Auffällig bleibt: Egal, welche Rentenart man sich anschaut, und egal, ob man alle Versicherten berücksichtigt oder nur die, die lange eingezahlt haben – Männer bekommen im Schnitt stets einige hundert Euro mehr Rente heraus als Frauen. Woran das liegt, erkennt man, wenn man die Zahlen zwischen Ost- und Westdeutschland vergleicht. Denn hier tut sich eine weitere Kluft auf – innerhalb der Gruppe der Frauen.
Während Frauen im Westen Ende 2023 durchschnittlich 851 Euro Rente im Monat überwiesen bekamen, gingen auf dem Konto von Frauen im Osten 1.212 Euro ein. Die Statistik erklärt auch, warum: Frauen im Osten kamen im Schnitt auf 42 Beitragsjahre, Frauen im Westen nur auf 30. Und sie erarbeiteten sich in der Zeit auch noch mehr Rentenpunkte pro Jahr – 0,83 im Vergleich zu 0,74 in den alten Bundesländern.
Anders gesagt: Rentnerinnen im Westen haben weniger lange sozialversicherungspflichtige Jobs ausgeübt als Rentnerinnen im Osten und außerdem etwas weniger für ihre Tätigkeiten verdient. Ein Grund liegt in den deutlich besseren Betreuungsmöglichkeiten in der ehemaligen DDR. Dort war es normal, als Frau in Vollzeit zu arbeiten, während in der alten Bundesrepublik noch stärker das traditionelle Rollenbild vorherrschte – der Mann schafft das Geld heran, die Frau kümmert sich um Haushalt und Kinder.
Im Endeffekt mag die Rechnung für ein Paar zwar aufgehen, Rentenansprüche springen für Frauen bei diesem Modell aber nicht herum. Denn die Höhe der eigenen Rente hängt davon ab, wie viel man im Laufe seines Erwerbslebens verdient. Dabei gilt: Verdienen Sie in einem Jahr exakt so viel wie der Durchschnitt aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, erhalten Sie genau einen Rentenpunkt.