Zu viele Menschen holen sich unüberlegt Haustiere. Das belastet die Tierheime. Nun gibt es Ideen, wie die Situation verbessert werden kann.

Viele Menschen haben sich während der Pandemie Haustiere zugelegt. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen konnten sie sich nicht mit Freunden und Familie treffen, weshalb sie bei Hunden, Katzen oder Kaninchen Trost suchten. Für Tierheime hat dies nun negative Folgen, denn zu viele Tiere werden wieder abgegeben. Steigende Kosten und personelle Probleme verschärfen die Lage. Der Tierschutzbund fordert deswegen ein komplettes Verbot des Onlinehandels mit Tieren. Viele Tiere, die mit ein paar Klicks bestellt werden, verenden später oder landen schnell bei Tierheimen.

Das bestätigt auch Beate Kaminski, Pressereferentin beim Tierheim Berlin. „Wir hatten noch nie eine so lange Warteliste bei Hundeabgaben.“ Überraschend sei dies jedoch nicht: Schon zu Beginn der Corona-Pandemie habe sich diese Situation abgezeichnet, so Kaminski. Das betreffe neben den Hunden vor allem Kleintiere wie etwa Kaninchen.

Auch Tobias Udave, Sprecher der Tierschutzorganisation Vier Pfoten, sieht die Lage kritisch: „Gerade während der Corona-Pandemie haben sich viele unüberlegt ein Tier zugelegt und wollen es jetzt loswerden […]“. Tiere werden dann einfach „herzlos ausgesetzt“ und landen später im Tierheim.

Während es bei behördlich beschlagnahmten Tieren zumindest einen finanziellen Ausgleich für die Tierheime gebe, ist dies bei privaten Abgaben nicht der Fall, erklärt die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ariane Kari.

Illegaler Onlinehandel mit billigen Tieren aus dem Ausland

Der illegale Onlinehandel und schlecht informierte Tierhalter seien dabei die größten Faktoren. Statt Tiere bei seriösen Züchtern oder aus Tierheimen zu holen, werden sie im Internet billig eingekauft. Tiere aus Ländern wie Polen und Rumänien seien im Vergleich deutlich günstiger, erklärt Kaminski. Doch schnell können gerade im Krankheitsfall weitere Kosten dazukommen. So geschehen bei einem Tier, das aus Polen bestellt und nach Berlin geliefert wurde, berichtet Kaminski. Wegen der hohen Behandlungskosten gaben die Besitzer den Hund wieder ab.

Wie der Zustand solcher Tiere ist, sei vor Ankunft in Deutschland oft nicht zu prüfen. So kommt es dazu, dass sie wieder abgegeben werden, etwa indem ein Karton mit Welpen vor dem Tierheim abgelegt wird. So ist es vor wenigen Tagen beim Tierheim Berlin passiert.

In dem Fall hatten die Tiere Glück: Sie seien alle gesund und konnten bereits an neue Halter vermittelt werden, erklärt Kaminski. Andere Tiere trifft es härter. So etwa den Hundewelpen Lulu. Dieser sei während der Pandemie, keine drei Monate alt, schwerkrank in Berlin gefunden worden. Die Rettungsversuche im Tierheim kamen zu spät – Lulu starb.

Ein weiteres Problem: Die Erwartungen an Tiere, vor allem an junge Hunde, seien zu groß: „Die meisten wollen einen Familienhund, mit dem sie kuscheln können, der sechs Stunden alleine zu Hause bleiben kann, dem der Stress einer Großstadt wie Berlin nichts ausmacht und der stubenrein ist“, berichtet Kaminski. Das sei jedoch unrealistisch. Hunde würden schließlich nicht gebaut, sondern müssten entsprechend trainiert und erzogen werden. Dafür brauche es jedoch Geduld und Kenntnisse. Wer diese nicht hat, greife dann häufig auf den Online-Tierhandel zurück. „Im Internet brauche ich drei Klicks und der Hund ist da“.

Deswegen verweilen die Tiere nun länger als bisher in Tierheimen. Dadurch fehlt es an Platz für neue Tiere. Es gehe dabei nicht nur um genügend Käfige. Die Tiere müssten auch zum Tierarzt gebracht werden, Auslauf bekommen und versorgt werden. „Wir können die Tiere nicht stapeln“, sagt Kaminski.

Rufe nach Hundeführerschein und Registrierungspflicht

Kaminski wünscht sich einen Hundeführerschein, den jeder Halter vor der Anschaffung machen müsste. Erst dann könne jemand einem Tier dann auch gerecht werden. „Es sollte nicht jeder einfach so einen Welpen kaufen und verkaufen dürfen“, sagt sie. Dabei sei es heute leichter an Informationen zu gelangen als noch vor Jahrzehnten. „Es ist ignorant zu sagen: ‚Ich wusste das ja nicht'“, sagt Kaminski. Potenzielle Hundehalter würden die Tiere auch nicht retten, indem sie diese aus dem Ausland holen. „Sie fördern so die Nachfrage.“

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