Tausende Brücken in Deutschland sind sanierungsbedürftig. Was passiert, wenn nichts geschieht? Und warum können selbst Milliardeninvestitionen das Problem nicht lösen?

Deutschlands Autobahnbrücken bröckeln. Eine aktuelle Untersuchung zeigt: 43 Brücken mit einer Länge von mehr als 50 Metern sind in einem „ungenügenden“ Zustand. Ihre Stand- oder Verkehrssicherheit ist erheblich beeinträchtigt.

Die Zahlen sind alarmierend: Von 3.786 untersuchten Autobahnbrücken erhielten 1.382 die Note „noch ausreichend“. 378 Brücken stuften die Experten als „ungenügend“ ein. Am stärksten betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg.

Und auch diese Zahlen sind alles andere als beruhigend: Mehr als die Hälfte der 40.000 Brücken im deutschen Fernstraßennetz stammt aus der Zeit vor 1985. Sie wurden für weniger Verkehr und leichtere Fahrzeuge geplant, als sie tagtäglich aushalten müssen. Viele sind hoffnungslos überlastet.

Täglich donnern Tausende schwere Lastwagen über die betagten Bauwerke. Die Folge: vorzeitige Materialermüdung. Risse im Beton, korrodierter Stahl, bröckelnde Pfeiler – die Liste der Schäden ist lang. Experten warnen vor den weitreichenden Folgen auch für Deutschlands Wirtschaft.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) spricht von einer Generationenaufgabe. Sein Ziel: 400 Brücken pro Jahr zu sanieren. Doch das Geld ist knapp. 2024 stehen 4,6 Milliarden Euro bereit. Ab 2025 sollen es 5 Milliarden jährlich sein.

Kritiker sagen, das reiche bei Weitem nicht aus: Die Autobahngesellschaft des Bundes fordert allein für die Jahre 2025 bis 2028 zusätzlich 5,5 Milliarden Euro. Ohne massive Investitionen drohe ein Teufelskreis aus Verfall und teuren Notreparaturen.

Schon jetzt sind die Folgen maroder Brücken gravierend. Ein Beispiel ist die Rahmedetalbrücke in Nordrhein-Westfalen. Ihre Sperrung Ende 2021 führt zu Verkehrschaos und wirtschaftlichen Einbußen. Tausende Fahrzeuge stauen sich täglich durch die umliegenden Ortschaften.

Die regionale Wirtschaftskraft sank um 300 Millionen Euro pro Jahr. Unternehmen klagen über Erreichbarkeitsprobleme, längere Fahrzeiten, Umsatzeinbrüche. Eine Studie prognostiziert: In den nächsten fünf Jahren summieren sich die Schäden auf mindestens 1,8 Milliarden Euro.

Große Infrastrukturprojekte dauern in Deutschland oft Jahre. Grund: langwierige Planungsverfahren und Bürgerbeteiligungen. Während sich Planfeststellungsverfahren hinziehen, schreitet der Verfall voran.

Die Bundesregierung will die Verfahren nun beschleunigen. Ende 2023 wurde ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Genehmigungspflicht für Brückenerweiterungen abschafft. Auch die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung entfällt. Ziel: Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten.

Der Bundesrechnungshof schlägt Alarm: Ohne mehr Geld drohen weitere Verfallserscheinungen und Sperrungen. Verkehrsminister Wissing plant einen neuen Infrastrukturfonds, auch mit privatem Kapital. Doch konkrete Pläne fehlen.

Klar ist: Die Sanierung der deutschen Brücken bleibt eine Mammutaufgabe. Ohne schnelles Handeln und ausreichende Finanzierung droht der Verkehrskollaps. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen den Verfall.

Und der ist bereits weit fortgeschritten: „Der Zustand vieler Brücken im Fernstraßennetz ist kritisch“, sagte Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken, bereits im vergangenen Jahr. Damals hatte die Gütegemeinschaft 25 zentrale Brückenbauwerke untersucht. Elf von ihnen erhielten Noten zwischen 3 und 3,5 und gelten damit als kritisch oder ungenügend.

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