„Das ist nicht unser Anspruch“

Stuttgarter „Tatort“ von Zuschauern kritisiert – Sender wehrt sich

Aktualisiert am 20.11.2024 – 09:05 UhrLesedauer: 2 Min.

Richy Müller und Felix Klare: Der „Tatort“ aus Stuttgart steht in der Kritik. (Quelle: SWR/Benoît Linder)

Der Stuttgarter „Tatort“ spielt auf der Schwäbischen Alb. Gezeigt wird die dörfliche Enge, die Spießigkeit. Völliger Quatsch, sagen die Statisten – und beschweren sich.

Nach der Kritik dutzender Statisten von der Alb versucht der SWR, die Wogen zu glätten und Verständnis zu wecken für die Darstellung des Dorflebens im jüngsten Stuttgarter „Tatort“. Diese war aus Sicht vieler Komparsen überzogen. „Die Kritik am Film unterstellt die Erwartung, dass der ‚Tatort‘ die Realität 1:1 abbildet“, heißt es in einer Stellungnahme des SWR zu einem Beschwerdebrief aus Münsingen (Kreis Reutlingen). „Das ist aber nicht unser Anspruch.“

In der kritisierten Folge „Lass sie gehen“ suchen die Ermittler Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) nach dem Mörder einer jungen Frau, deren Leiche in Stuttgart entdeckt wird. Sie hatte dem Dorf den Rücken gekehrt und war – auf der Flucht vor Familie und dörflicher Enge – nach Stuttgart gezogen. Während Lannert auf der Alb ermittelt und unter anderem Familie und Bekannte der Toten ins Visier nimmt, recherchiert Bootz in Stuttgart.

Die Statisten aus dem Tennisclub TV Münsingen ärgern sich über die Folge. „Fernsehen lebt von der Quote und muss überziehen, das verstehe ich“, sagt der Vereinsvorsitzende Jochen Schuster, der die Laien-Darsteller zusammengetrommelt und später den Brief an die ARD und an die Produktionsleitung verfasst hat. Ein öffentlich-rechtlicher Sender dürfe aber kein Bild präsentieren, das nicht mehr zeitgemäß sei. „Wir sitzen hier ja nicht Bier saufend unterm Hirschgeweih und zeigen uns unsere Pistolen“, kritisiert Schuster unter anderem eine ähnliche Szene aus der „Tatort“-Folge. Zuvor hatten die „Südwestpresse“, die „Stuttgarter Zeitung“ und die „Stuttgarter Nachrichten“ über die Beschwerde berichtet.

Für die jüngste Folge waren die „Tatort“-Ermittler und Statisten im März 2023 nach Bichishausen gekommen, einem 128 Einwohner zählenden Ort im Großen Lautertal. Schuster nennt die Darstellung des Dörflichen im Brief einen „Affront gegenüber den Menschen im ländlichen Raum und insbesondere auf der Schwäbischen Alb“. Es gebe durchaus eine Dorfgemeinschaft, diese sei aber sozial konstruktiv und nicht feindselig.

Es sei „ein Klischee über das Dorfleben nach dem anderen“ gezeigt worden. „Ganz offenbar liegt der letzte Besuch der Drehbuchautoren auf dem Land Jahrzehnte zurück“, schreibt Schuster. Es werde ein Dorfleben skizziert, das es seit den Fünfzigerjahren nicht mehr gebe.

Der SWR entgegnete, die kritisierte „Tatort“-Folge sei eine fiktive Geschichte und keine Verallgemeinerung über das Leben in ländlichen Gebieten. Regisseur und Drehbuchautor nähmen sich die Freiheit der künstlerischen Zuspitzung. „Verhältnisse, die in verschiedenen Kontexten, durchaus auch in städtischen, existieren, werden in dem Setting des Films zusammengefasst und im Dienste der Erzählung überhöht“, argumentiert der Sender. Konkrete Personen oder ihr Umfeld seien keinesfalls mit dem „Tatort“ gemeint.

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