Bei Missbrauch in der Kirche ging es bisher um Katholiken: Erstmals legen Wissenschaftler Zahlen über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche vor.

Eine Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie hat für die vergangenen Jahrzehnte mindestens 1.259 Beschuldigte dokumentiert. Die am Donnerstag in Hannover vorgestellte Untersuchung unabhängiger Wissenschaftler spricht von der „Spitze des Eisbergs“.

Die evangelische Landeskirche Hannovers hat den Autoren der Forum-Studie zu sexualisierter Gewalt 68 Fälle gemeldet. Die 68 Beschuldigten seien allesamt Männer, die in Akten mit Inhalten sexualisierter Gewalt identifiziert worden seien, teilte die Landeskirche am Donnerstag mit. Es handele sich bei den Beschuldigten durchweg um „Pfarrpersonen“. Insgesamt seien laut Akten 103 Minderjährige vom Missbrauch betroffen gewesen.

Mehr Fälle sexualisierter Gewalt als bisher bekannt

Die Landeskirche betonte, die 68 gemeldeten Fälle seien nicht alle der Kirche bekannten Fälle sexualisierter Gewalt. Nicht berücksichtigt worden seien Fälle, die nicht von Pfarrpersonen begangen wurden.

Zu den 68 gemeldeten Fällen kamen demnach 42 bekannte Fälle hinzu – in 36 Fällen waren die Beschuldigten keine Pfarrpersonen, in 6 Fällen gab es kein ausreichendes Aktenmaterial, um Beschuldigte oder Opfer zu identifizieren. Auch die nach dem 17. April 2023 bekannt gewordenen Fälle wurden nicht aufgeführt.

2024-01-25 16:52:27.766 – 1706201547766

In einem ersten Teilschritt hatte die Landeskirche alle Fälle sexualisierter Gewalt an Minderjährigen abgefragt, unabhängig von der Berufsgruppe der Beschuldigten in der Kirche. Die Beschuldigten waren sieben Pastoren, drei Diakone, ein Schul-Mitarbeiter, drei Beschäftigte in der Kirchenmusik, drei Ehrenamtliche und ein Bekannter eines Beschuldigten.

Unter den Opfern unter 14 Jahren waren sechs Jungen und drei Mädchen, zwischen 14 und 17 Jahren waren es zwei junge Männer und eine junge Frau. Als Anerkennungsleistungen wurden in der Landeskirche 183.500 Euro gezahlt, dazu kamen fast 50.000 Euro für Klinikaufenthalte, Therapien oder Fahrtkosten.

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