Schach ist für viele ein Mysterium, dabei sind viele Begriffe aus dem Sport auch darüber hinaus bekannt. Ein Experte erklärt die wichtigsten Vokabeln – und überrascht mit den Hintergründen.
„Schachmatt“ kommt Ihnen bekannt vor? „Bauernopfer“ haben Sie schon mal gehört? Ob beruflicher und/oder privater Brillanz ist Ihr Spitzname „Großmeister“? Dann sind Sie wissentlich oder unwissentlich bereits peripher mit wichtigen Begriffen aus dem Schach bekannt. Aber wissen Sie auch, was diese wirklich bedeuten?
t-online hat dazu einen Experten zurate gezogen: Schachgroßmeister Stefan Kindermann. Der 64-Jährige weiß, worum es geht: Der Geschäftsführer der 2005 von ihm mitbegründeten Münchner Schachakademie fördert mit der Schachstiftung München sozial benachteiligte Menschen, arbeitet zudem als Keynote-Speaker und Coach.
Gemeinsam mit Professor Robert von Weizsäcker hat Kindermann den „Königsplan“ entwickelt, ein Strategiemodell, das auf den Erfolgsstrategien von Schachgroßmeistern basiert und diese Erkenntnisse auf das Berufsleben überträgt. Zum Thema haben er und seine Kollegin, Schachmeisterin und Mentaltrainerin Veronika Exler im Sommer ein Buch veröffentlicht, das sich an den Nachwuchs richtet: „Schachstrategien für Schule und Leben: Der Königsplan für Kinder“.
Hier erklärt der 64-Jährige in Teil 2, warum es im Schach schon vor 600 Jahren eine Emanzipation gab, welchen Fehler Neueinsteiger besonders oft machen – und wie man den Gegner in den „Schwitzkasten“ nimmt.
Patt:
Das Unentschieden im Schach. Am einfachsten sei diese Spielsituation vom „Matt“ unterscheidbar, erklärt Kindermann. „Hier hat auch die schwächere Seite keinen legalen Zug mehr zur Verfügung. Der König ist zwar nicht angegriffen, aber er kann auch nicht ‚Selbstmord‘ begehen, das heißt, er darf sich nicht selbst in den Angriff stellen.“ Allerdings: „Der König ist noch nicht attackiert, sonst hätten wir Schachmatt.“ Kindermann veranschaulicht die Situation: „Sie haben in einem Kampfsport-Wettkampf Ihren Gegner im Schwitzkasten, würgen ihn aber derart, dass er sich gar nicht mehr bewegen kann. Da kommt dann der Schiedsrichter und sagt: Stopp, so geht es nicht.“
Das Patt sei für die stärkere Seite ein Rückschlag, für den eigentlich unterlegenen Gegner aber „eine wundersame Rettung“. Ein Beispiel: „Man hat bereits zwei Figuren verloren, opfert dann aber noch eine dritte, erzeugt damit eine Pattsituation und bekommt noch einen halben Punkt gutgeschrieben.“
Gambit:
„Konkret opfert man hier bereits in der Anfangsphase des Spiels einen oder mehrere Bauern, um einen bestimmten Gegenwert, meist einen Entwicklungsvorsprung, zu erhalten.“ Kindermann erklärt weiter: „Besonders Anfänger machen ganz oft den Fehler, nur mit einer Figur zu ziehen. Das muss man sich dann so vorstellen, als stünde eine komplett besetzte Fußballmannschaft einem einzigen Spieler gegenüber.“
Populär wurde der Begriff zuletzt durch die TV-Serie „Das Damengambit“. Diese spezielle Variante entsteht in der frühen Eröffnungsphase. „Hier bietet die weiße Seite im zweiten Zug ein Bauernopfer an, mit dem Ziel, ein starkes Zentrum zu bekommen, das im Schach ja besonders wichtig ist. Weiß eröffnet mit einem Doppelschritt des Damen-Bauern, Schwarz tut es gleich und hat dann schon beim zweiten Zug die Möglichkeit, den gegnerischen Läufer-Bauern zu schlagen. Wenn er das tut, bekommt Weiß dann Freiheit im Zentrum, ein strategisch bedeutendes Übergewicht.“
Kombination:
Abgeleitet von lateinisch „combinare“ – „verknüpfen“. „Und genau das sehen wir im Schach, wo verschiedene Ideen, verschiedene Grundmotive miteinander verknüpft werden, um einen Vorteil zu erzielen“, erläutert Kindermann.
„Im Schach ist eine Kombination oft mit einer taktischen Wendung wie einem Opfer verbunden. Beispielsweise opfert man eine Figur, gewinnt am Ende aber die Dame des Gegners.“ Der Experte betont: Den Kombinationen seien förmlich keine Grenzen gesetzt. „Es gibt unvorstellbar viele, denn es gibt auch eine riesige Zahl von Grundmotiven, mit denen gute Schachspieler arbeiten – etwa 50.000 bis 100.000.“ Diese könnten dann wie in einem Kaleidoskop immer wieder neu zusammengesetzt werden.