Das politische Klima in Thüringen, Sachsen und Brandenburg wird vor den Landtagswahlen hitzig. Die CDU ringt um Antworten. Dabei zwingt die Stärke der AfD zu neuen Strategien – und womöglich auch Bündnissen.

Als Friedrich Merz vor einigen Wochen für einen Wahlkampfauftritt in Leipzig spricht, ist das Geschrei auf dem Nikolaikirchhof groß. Eigentlich will der CDU-Vorsitzende hier über Europa reden. Doch aus dem Publikum schrillen die Trillerpfeifen und dröhnen die Beschimpfungen so laut, dass man ihn teilweise kaum noch versteht.

„Du scheiß Kriegstreiber“, ruft einer am Rande des Platzes. „Ihr habt uns belogen“, schreit eine Frau hinterher. Ein dritter läuft auf die Bühne zu. Als das Sicherheitspersonal ihn aufhält, blökt er noch: „Helft mir, mein Grundrecht wird mir genommen. Helft mir!“

Merz reagiert gelassen. „Ihr seid eine winzige Minderheit“, entgegnet er den Demonstrantinnen und Demonstranten von der Bühne aus. „Wir lassen uns nicht von euch einschüchtern.“ Für den Moment ist es ein unterhaltsamer Schlagabtausch zwischen dem CDU-Chef und jenen, die dort brüllen.

Nur einer wirkt wenig abgeklärt: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Angespannt steht der CDU-Politiker neben Merz auf der Bühne. Er kennt das Gepolter, weiß, dass es in den kommenden Monaten nicht weniger werden wird – und dass es längst keine Ausnahme mehr ist.

Nun ist nicht gesagt, dass jeder, der bei Wahlkampfterminen herumbrüllt, am Ende die AfD wählt. Allerdings hat die Europawahl einmal mehr gezeigt, dass die Zahl derer, die keiner der demokratischen Parteien mehr etwas zutrauen, erschreckend hoch ist.

Denn am vergangenen Wochenende hat vor allem eine Partei von der Unzufriedenheit der Ampel profitiert: die AfD. Die in weiten Teilen rechtsextreme Partei erhielt mit einem Plus von 4,9 Prozentpunkten bundesweit am meisten Zugewinne und landete mit insgesamt 15,9 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz. In Thüringen, Sachsen und Brandenburg ist sie sogar stärkste Kraft. Und das mit Abstand.

Ein Wahlergebnis, das nicht gut ist, findet auch Merz. Der CDU-Chef betont nach der Wahl zwar, dass vor allem SPD, Grüne und FDP verantwortlich für das Erstarken der AfD seien. Er sagt aber auch: „Wir haben im Osten ein Wahlergebnis gesehen, das uns nicht zufriedenstellen kann. Im Gegenteil: Es beunruhigt uns in hohem Maße.“

Merz nach der Europawahl: Insbesondere Ergebnisse im Osten seien nicht zufriedenstellend. (Quelle: IMAGO/M. Popow/imago)

Im Herbst stehen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die Landtagswahlen bevor. Und nachdem sich die Ampelparteien in den Umfragen, zumindest in Thüringen und Sachsen, gerade so zwischen zwei und sieben Prozent bewegen, ist die AfD für die CDU mittlerweile der Hauptgegner. Nur, kann man die Partei überhaupt noch stellen? Und wenn ja, wie?

Die CDU bewegt sich im Wahlkampf auf einem schmalen Grat. Einerseits will man Kritik an der Ampel üben – und das in aller Deutlichkeit. Etwa beim Bürgergeld oder wenn es um die Wirtschaftslage geht. In den Landesverbänden ist man überzeugt, davon, dass man mit Anti-Ampel-Parolen überzeugen kann. Bei Wahlkampfauftritten gibt das immer viel Applaus.

Andererseits, so heißt es aus der Parteispitze, dürfe man es dabei nicht übertreiben. Damit schlage man nur in die gleiche Kerbe wie die AfD oder das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Zumal die Ampel im Zweifel gar keine Konkurrenz ist. Wenn die SPD in Thüringen bei sieben, die Grünen bei fünf, die FDP bei zwei, die AfD aber bei dreißig Prozent in den Umfragen steht, dann dürfte der Hauptkonkurrent klar sein.

Der Plan des Parteivorsitzenden: Die AfD inhaltlich stellen. Das habe in Thüringen bereits gut funktioniert. Bei den Stichwahlen nach der Kommunalwahl hat die CDU sich dort überall gegen die AfD durchgesetzt. Und was sagen die Länderchefs?

„Die AfD punktet damit, dass sie Probleme beschreibt“, sagt der Fraktionschef und Spitzenkandidat aus Brandenburg, Jan Redmann t-online. Das könne die CDU besser: Es gehe darum, Probleme nicht nur anzusprechen, sondern sie auch zu lösen. „Wir sind mehr als eine Denkzettel-Partei“, so Redmann.

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