Am Montag startet die neue „Big Brother“-Staffel. Insgesamt 16 Kandidaten lassen sich 100 Tage in einem Container bewachen. Kurz vor TV-Start zog auch t-online ein.
Ein sonniger Dienstagmorgen auf dem WDR-Gelände in Köln-Bocklemünd. Vor dem Besucherparkplatz sammeln sich die ersten Teilnehmer des „Big Brother-Probewohnens“, zu dem der Sender eingeladen hat. Es ist eine bunte Mischung aus Influencern, Podcastern und Journalisten, die sich hier versammelt. Die Stimmung ist gelöst und locker, Namensschilder werden beschriftet und schließlich geht es in Vierergruppen in den berühmt-berüchtigten Container.
Das Gegenteil von gemütlich
Der TV-Container präsentiert sich als Antithese zur gemütlichen Ikea-Musterwohnung: eine schmucklose Inneneinrichtung, die so wirkt, als hätte eine künstliche Intelligenz sie planlos zusammengewürfelt. In einem Ikea-Regal findet sich Plastikobst neben zwei in einen Käfig gesperrten Plastikvögeln. Im Video oben oder direkt hier können Sie sich einen Eindruck davon verschaffen.
Beim Probewohnen übernehmen die TV-erfahrenen Teilnehmer schnell die Regie und starten selbstbewusst mit der Zubereitung von sechs Eiern am Herd. Bereits nach kurzer Zeit greift der omnipräsente „große Bruder“ ein: Die Teilnehmer sollen einen „Containerchef“ wählen. Während sich die Journalisten unter den Anwesenden zurückhalten, fällt die Wahl einstimmig auf einen erfahrenen Trash-TV-Kenner. Mit einem grünen Button, der ihn als „Containerchef“ auszeichnet, wird er zum zentralen Entscheidungsträger für alle kommenden Herausforderungen im Container.
Pausen, immer wieder Pausen
Nachdem der Containerchef vier Teamkapitäne ernannt hat und diese sich ein Team zusammengestellt haben, steht das erste Spiel im „Raum der Entscheidungen“ an. Auf einem Bildschirm werden Farben angezeigt, die sich die Beteiligten merken müssen, Luftballons müssen aufgeblasen und in eine richtige Reihenfolge platziert werden. Mit Informationen über das Spiel hält sich Big Brother spärlich bedeckt. Wie viele Runden es gibt, ist unklar. Nur das Nötigste wird erklärt. Und es gibt Pausen. Immer wieder Pausen. Vor dem Spiel, während des Spiels, nach dem Spiel. Im Big Brother Container ist Warten Teil des Konzepts.
Die Wartezeiten, ohne zu wissen, wie spät es ist (Handys und Uhren mussten abgegeben werden) sowie das generelle Gefühl von kollektiver Verunsicherung steigert den kommunikativen Umgang untereinander. Es ist ja auch sonst niemand da.
„Die waren ganz komisch, die nehmen das total ernst“
Nach dieser ersten und letzten Spielrunde wird gemeinsam gekocht. Auch hier sind es wieder die erfahrenen Teilnehmer des Trash-TV-Kosmos, die sich an den Herd stellen. Es gibt Spaghetti mit Pesto und Bratkartoffeln. Dazu wird Ketchup und Mayonnaise gereicht.
Beim Essen kommt es schließlich zum ersten Konflikt. Die zweite Spielergruppe kommt zurück aus dem „Raum der Entscheidungen“. Selbstbewusst trägt diese Gruppe beim Einzug gefundene, blaue Bademäntel. Eine Bewohnerin beschwert sich beim Nachsalzen der Spaghetti und hinter vorgehaltener Hand darüber, dass die andere Gruppe die Niederlage nicht gut verkraftet habe: „Die waren ganz komisch, die nehmen das total ernst“.
Wenig später der nächste Eklat: Ein eingezogener Boulevard-Journalist wirft einer eingezogenen Fernsehjournalistin Passivität vor. „Der hat wohl gesagt, dass es am Ende dann wieder so ein quirliger Zwei-Minuten-Beitrag wird, obwohl sie seit Stunden nichts sagt“, berichtet ein TV-erfahrener Teilnehmer anderen im Außenbereich. Ob die Situation genau so passiert ist, ist bis zum Auszug unklar, wird aber nicht folgenlos bleiben.
Big Brother entgeht nichts – den Bewohnern noch viel weniger
Es kommt zur Nominierungsrunde. Der Teamchef verteilt Stift und Zettel, die Bewohner werden gebeten, einen Namen aufzuschreiben. Big Brother bittet jeden Teilnehmer einzeln, das Schild umzudrehen und den Namen laut vorzulesen. Jeder Bewohner begründet seine Entscheidung und auch hier sind es wieder die von Big Brother gewollten Pausen, die dafür sorgen, dass die Bewohner sich lange für ihre Entscheidung rechtfertigen.
Die Entscheidung wird ein Politikum – und einige begründen ihre Nominierung für den Boulevard-Journalisten, der dann auch als Erster ausziehen muss, mit der Situation einige Stunden zuvor: „Ich nominiere, Tom, weil ich eben mitbekommen habe, dass es zwischen Dir und Sarah eine Situation gab, die manche hier, glaube ich, als unschön empfunden haben“ ist der ungefähre Wortlaut einer Nominierung am späten Nachmittag.
Big Brother entgeht mit den 60 Kameras und zahlreichen Mikrofonen im TV-Container nichts. Das beweisen Kommentare und Handlungsanweisungen der blechernen Stimme, die während des Tages immer mal wieder fallen. Trotzdem fällt auf: Den Bewohnern im Haus entgeht noch viel weniger. Denn die menschlichen Reibereien, und Zwischentöne, werden zuerst untereinander sichtbar, bevor die „Big Brother“-Kameras sie aufzeichnen.