Elektronische Stabilitätsprogramme sorgen als Schleuderschutz für mehr Sicherheit im Auto. Doch wie funktionieren die meist kurz ESP genannten Systeme?
Das Elektronische Stabilitätsprogramm im Auto rettet seit Jahren Menschenleben. Das System tritt je nach Hersteller unter Abkürzungen wie ESP oder ESC (Electronic Stability Control) auf und kann das Auto in extremen Fahrsituationen stabilisieren. Damit kann es im besten Fall Unfälle verhindern. Nach Angaben der Unfallforschung der Versicherer (UDV) haben die elektronischen Systeme allein von 2000 bis 2013 rund 200.000 Unfälle verhindert und 6.000 Menschen das Leben gerettet.
Das ist die Funktionsweise des ESP
Auch wenn die Systeme je nach Hersteller unterschiedlich heißen und im Detail anders abgestimmt sind, ist die grundlegende Funktionsweise immer gleich: Einzelne Räder werden gezielt abgebremst, um ein Untersteuern oder Übersteuern des Fahrzeugs zu verhindern, erklärt Achmed Leser vom TÜV Thüringen.
„Teilweise wird auch direkt in die Motorsteuerung eingegriffen, was noch schnellere Effekte als ein Bremseingriff bringt“, sagt Leser. All das trägt dazu bei, dass ein Auto in Extremsituationen nicht ausbricht oder ins Schleudern gerät – zum Beispiel wenn Sie in Kurven auf nasser Fahrbahn stark bremsen müssen.
Nicht verwechseln sollten Sie das ESP mit dem Antiblockiersystem ABS: Dieses Sicherheitssystem soll verhindern, dass beim Bremsen die Räder blockieren. Somit ist das Auto auch bei stärkeren Bremsmanövern lenk- und kontrollierbar.
Fahrer kann gewünschte Spur halten
„Die aktuellsten ESP-Systeme greifen sogar in den Lenkvorgang ein und unterstützen den Fahrer so zusätzlich, die gewünschte Spur zu halten“, so der Autoexperte. Um im richtigen Moment eingreifen zu können, überwacht das System permanent die Signale verschiedener Sensoren. Der Abgleich von Raddrehzahlen, Lenkwinkel und Gierrate erlaubt, instabile Fahrzustände in Sekundenbruchteilen zu erkennen.
Registriert das Steuergerät ein anderes Fahrverhalten als vom Fahrer vorgegeben, greift es sofort ins Fahrgeschehen ein. Das Fahrzeug werde dadurch in der Spur gehalten, so lange das physikalisch möglich sei, sagt Leser. „Natürlich gibt es aber weiterhin Situationen, in denen auch ein hochmodernes ESC nicht mehr helfen kann.“
Auf Knopfdruck abschaltbar – warum?
Doch warum lässt sich so eine wichtige Funktion in einigen Autos auf Knopfdruck abschalten? Einige Hersteller bieten verschiedene Fahrmodi an, um beispielsweise auch sehr sportliches Fahren zu ermöglichen, erklärt Leser. „Hierbei werden die Regelschwellen der Systeme verschoben, die regulierenden Eingriffe erfolgen also etwas später.“
Nur bei wenigen Herstellern sei es dagegen auch heute noch möglich, das ESC komplett zu deaktivieren. In der Regel werde durch das manuelle Ausschalten lediglich die Antriebsschlupfregelung (ASR) deaktiviert, die ein Durchdrehen der Räder verhindert. „Das kann in manchen Fahrbahnsituationen sinnvoll sein, etwa beim Anfahren auf glattem Untergrund im Winter“, so Leser.
Gut zu wissen
Die ESP-Systeme wurden 1995 von der Firma Bosch entwickelt und waren anfangs teuren Oberklassefahrzeugen vorbehalten, erläutert der TÜV Thüringen. Ihren ersten großen Auftritt hatten die Elektronischen Stabilitätsprogramme 1997 beim sogenannten Elchtest: Damals war ein neuer Kompaktwagen während eines schnellen Ausweichmanövers umgekippt und auf dem Dach gelandet. Dieses Ereignis ebnete den Weg für den flächendeckenden Einsatz elektronischer Fahrdynamikregelungen in Fahrzeugen. Sie verbesserten die Fahrsicherheit entscheidend.
Seit dem Elchtest stehen ESP & Co. als Synonym für Fahrsicherheit, aber bis zum flächendeckenden Einsatz in Neuwagen dauerte es fast 20 Jahre: Erst im November 2014 wurde ESP in Europa Pflicht in jedem Neufahrzeug.