Vom 25. bis zum 28. Januar steht die Skiflug-WM der Herren an. Was für die Männer ein Highlight im Kalender ist, ist bei den Frauen nicht existent.
Am Samstag geht sie wieder los: die Skiflug-WM der Herren. In diesem Jahr in Österreich am Kulm. Dann duellieren sich die besten Skispringer der Welt auf einer der größten Skiflugschanzen und springen Weiten jenseits der 200 Meter. Auch der Tournee-Zweite Andreas Wellinger ist dabei und hofft, seine Sensationsweite von 240 Metern aus dem Vorjahr zu erreichen.
Das Event, das für die Herren ein Highlight im Kalender ist, ist bei den Frauen nicht zu finden – und das wird vorerst wohl auch so bleiben. Erst seit vergangenem März dürfen sich auch Frauen im Skifliegen messen – theoretisch. In der Praxis hat es bisher nur dieses eine Event für einen Tag in Vikersund gegeben.
Skifliegen ist gefährlicher als Skispringen. Die Schanzen sind höher. Die Kräfte, die auf die Athletinnen und Athleten wirken, viel stärker. Besonders bei der Landung. Dort wirken die Kräfte so stark, dass sie einem freien Fall aus 2,5 Metern Höhe entsprechen und die Verletzungsanfälligkeit, beispielsweise der Knie, hoch ist. Bei den Herren gab es in der Vergangenheit schlimme Stürze. Thomas Morgenstern stürzte 2014 schwer, landete mit dem Kopf auf der Piste und war anschließend bewusstlos. Auch der Norweger Daniel-André Tande erlebte 2021 solch einen Sturz und musste sogar ins künstliche Koma versetzt werden.
Allerdings haben sich die Material-Regeln seitdem verändert und das Skifliegen sicherer gemacht. So sind weit geschnittene Anzüge nicht mehr erlaubt. Diese boten früher mehr Tragfläche beim Fliegen, machten dieses jedoch unkalkulierbar. Kontrolliert wird das Ganze nicht mehr händisch von einer Person, sondern via Bodyscan. Im vergangenen Jahr gab es viele Diskussionen, ob Frauen aufgrund ihres Körperbaus und der damit einhergehenden Gefahr am Skifliegen teilnehmen sollten. Weil Frauen zierlicher und kleiner sind, wirken die Kräfte noch stärker als bei den Männern.
Vikersund? „Möchte sich auch für kommende Saisons bewerben“
DSV-Sportdirektor Horst Hüttel sagt im Gespräch mit t-online: „Die Premiere in Vikersund hat gut funktioniert. Es ist schade, dass es nach der Ein-Tages-Veranstaltung nicht weitergeführt wurde.“ Heißt: Aktuell ist Skifliegen bei den Damen im Weltcup-Kalender nur mit der Raw-Air-Tour Ende März, einem sechstägigen Saisonhighlight innerhalb Norwegens an verschiedenen Stationen, und dem Saisonfinale erneut in Vikersund vorgesehen. Weitere Veranstaltungen sind nicht geplant – doch das könnte sich ändern.
Sogar ein regelmäßiges Skifliegen der Frauen ist denkbar. Fis-Skisprung-Rennleiterin Chika Yoshida erklärt auf Nachfrage von t-online: „Ja, wenn wir eine Bewerbung von der NSA (National Ski Association, Anm. d. Red.) bekommen.“ Das heißt, Skifliegen könnte auf regelmäßiger Basis stattfinden, sollte sich ein nationaler Skiverband um die Austragung bewerben. Yoshida ergänzt: „Und es sieht so aus, als ob Vikersund sich auch für die kommenden Saisons bewerben möchte.“
Die siebenfache Weltmeisterin Katharina Schmid setzt sich seit Jahren im Skispringen für Gleichberechtigung und gegen Vorurteile über körperliche Unterschiede ein. „Ich glaube nicht, dass es ungesünder für die Frauen ist als für die Männer“, sagte sie der „Sportschau“ vor einem knappen Jahr zu dem Thema.
„Anzahl der Wettkämpfe auf Großschanzen erhöhen“
Sie ergänzte: „Klar ist der Druck ein bisschen höher, und die Kräfte, die da wirken, sind extremer. Aber ich glaube trotzdem, dass unser Körper das auch aushält.“ In Vikersund in Norwegen durften 2023 erstmals die besten 15 Athletinnen der Raw-Air-Gesamtwertung und damit die 15 Topathletinnen in Bestform sich auch im Skifliegen messen. In diesem Jahr werden es Ende März 20 Athletinnen sein.
Ein „erster Schritt“, wie Hüttel betont. Dass die Kräfte anders auf die Frauen wirken als auf die Männer, ist auf die Statur und den geringeren Muskelanteil zurückzuführen. Das Leistungsgefälle bei den Damen unterscheidet sich auch stark von den Männern. Hüttel erklärt: „Ich glaube nicht, dass die fünfzigste Athletin derzeit in der Lage ist, gut Ski zu fliegen. Man muss dies aus der Verantwortung den Athletinnen gegenüber auch realistisch einschätzen.“