Simon Gosejohann wirkte in den vergangenen Jahren wie abgetaucht. Jetzt spricht der 48-Jährige mit t-online über seine Karriere – und übt Kritik an einem Kollegen.

Elf Jahre ist es inzwischen her, dass die letzte Folge „Comedystreet“ über die Bildschirme flimmerte. Jetzt will Simon Gosejohann wieder durchstarten mit dem Format, das ihn einst groß machte. Doch wie soll das in der heutigen Zeit gelingen? Sind seine schamlosen Grenzüberschreitungen überhaupt noch zeitgemäß? Und apropos schamlos: Was hält ein ProSieben-Zögling wie Simon Gosejohann eigentlich von seinem Kollegen Oliver Pocher?

Ein Interview über Grenzen des Humors, Fehltritte und die Frage, was Comedians zur Gesellschaft beitragen können.

t-online: Es ist ruhiger geworden um Sie, Herr Gosejohann. Die Zeit mit Ihrem Erfolgsformat „Comedystreet“ liegt mehr als eine Dekade zurück. Wie soll es gelingen, das Format ins Heute zu übertragen?

Simon Gosejohann: Es muss lustig werden. Es muss unterhaltsam sein. Aber Sie haben recht: Ich bin in den letzten elf Jahren elf Jahre älter geworden, und das macht natürlich etwas mit einem. Wir wollen das Format mit mehr Diversität ausstatten und uns durch drei verschiedene Protagonisten breiter aufstellen.

Haben Sie keine Angst davor, dass die Neuauflage in die Hose gehen könnte?

Nein, ich habe keine Angst, wir werden alles geben. Und wenn man alles gibt, was hat man sich dann vorzuwerfen? Es gibt viel zu viele Faktoren, die man ohnehin nicht beeinflussen kann. Davon sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Das Internet ist heute voll mit Comedyclips aller Couleur. Im Fernsehen sind Sendungen mit dieser Art Fremdschäm-Humor allerdings nicht mehr so erfolgreich. Wie erklären Sie sich diese Dualität der Ereignisse?

Es gilt das alte japanische Sprichwort: Man kann in einem reißenden Fluss niemals zweimal an dieselbe Stelle gehen. Ja, die Dinge verändern sich, haben sich immer verändert. Trotzdem ist Humor ein Gefühl, das überdauert, trotz aller Veränderungen. Und es ist mit Sicherheit ein Stück weit Handwerk. Ein paar Dinge spielen immer eine Rolle: die Sprache, Mimik, Gestik, das Timing. Es ist eine zeitlose Kunstform, die mit kleineren Anpassungen zu jeder Zeit funktionieren kann.



Manchmal wundern sich die Leute, wenn Sie mich kennenlernen und ich nicht der unangenehme Rüpel bin, den sie aus dem Fernsehen kennen.


Simon Gosejohann


Stichwort Veränderung: Gibt es auch Witze, die Sie heute nicht mehr machen würden?

Ein konkretes Beispiel fällt mir nicht ein, aber ich bin mit vielen Entwicklungen, die sich gesellschaftlich und damit auch humoristisch getan haben, einverstanden. Ich glaube, dass ein respektvolles, wertschätzendes Miteinander einen Mehrwert für unser gesellschaftliches Zusammenleben bietet. Aber ich habe auch schon vor zehn Jahren versucht, unsere Sketche auf Augenhöhe durchzuspielen.

Bei „Comedystreet“ ist die Reaktion wahnsinnig wichtig. Wir sind darauf angewiesen, dass die Menschen das okay finden, was wir machen. Wir können die Menschen nicht blind beleidigen, denn dann geben sie uns danach keine Erlaubnis, das Material zu benutzen.

Simon Gosejohann: Mit „Comedystreet“ wurde er schlagartig berühmt. (Quelle: Joyn)

Sie sind also offenbar nur in Ihrer Rolle als Simon aus der „Comedystreet“ eine unangenehme, teilweise grenzüberschreitende Kunstfigur?

Das hoffe ich doch. Privat bin ich ein sehr höflicher Mensch. Manchmal wundern sich die Leute, wenn Sie mich kennenlernen und ich nicht der unangenehme Rüpel bin, den sie aus dem Fernsehen kennen. Bisweilen bin ich privat sogar eher zurückhaltend und durchaus sensibel.

Fällt es Ihnen dann nicht umso schwerer, sich in diese Rolle hineinzuversetzen?

Ich gehe zum Lachen ja nicht in den Keller. Es gibt viele Dinge in unserem alltäglichen Leben, über dir wir lachen können – auch ich. Über Pannen, über Eigenheiten, über schräge Charaktereigenschaften, skurrile Menschen. Mir ist es nur immer wichtig, niemanden vorzuführen. Lieber mache ich mich selbst zum Clown, als andere der Lächerlichkeit preiszugeben.



Aber wenn es etwa um das Intimleben anderer Leute geht, hört für mich der Spaß auf.


Simon gosejohann


Es gib Comedy-Kollegen aus Ihrer Branche, die scheinen das nicht so eng zu sehen. Mir fällt da zum Beispiel Oliver Pocher ein, der zuletzt immer wieder mit Negativschlagzeilen auffiel – zum Beispiel, weil er eine Frau im Publikum während seiner Tour aufgrund ihrer Jungfräulichkeit verhöhnt hat.

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