Die Randale und Unruhen im Vereinigten Königreich lassen nicht nach. Erneut sind zahlreiche Rechtsradikale auf die Straße gegangen – und haben eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
In Großbritannien haben sich die Proteste rechtsradikaler Gruppen infolge eines tödlichen Messerangriffs auf Kinder zu den gewaltsamsten Ausschreitungen seit rund 13 Jahren ausgeweitet. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, gab es am Wochenende bei Kundgebungen in zahlreichen Städten mehr als 90 Festnahmen. Immer wieder habe es gewaltsame Zusammenstöße zwischen Protestierenden und Polizisten gegeben. Die britische Regierung kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Randalierer an.
Am Samstag kam es unter anderem in Liverpool, Hull, Leeds und im nordirischen Belfast zu Protesten. In einigen Fällen warfen Demonstranten Ziegelsteine, Flaschen und Leuchtraketen auf die Polizei – wobei mehrere Beamte verletzt wurden. Unter den Rufen islamfeindlicher Parolen plünderten Randalierer Läden und brannten diese nieder. Wiederholt kam es auch zu Zusammenstößen mit Teilnehmern von Gegendemonstrationen.
Der Angriff erschütterte Großbritannien. Im Internet kursierten zudem schnell Spekulationen und Falschinformationen über den Hintergrund des Verdächtigen, dessen Familie der BBC zufolge aus Ruanda stammt.
Video | Falschmeldungen nach Bluttat führen zu Ausschreitungen in Southport
Bereits unmittelbar nach der Tat randalierten in Southport rund hundert Rechtsextreme. Sie griffen unter anderem eine Moschee an. Später kam es in weiteren Städten zu Ausschreitungen. Nach teils gewaltsamen Protesten am Amtssitz von Premierminister Keir Starmer in der Londoner Downing Street wurden 111 Menschen festgenommen. Hunderte Moscheen in Großbritannien verschärften ihre Sicherheitsmaßnahmen.
Die Polizei machte Anhänger der sogenannten English Defence League, einer vor 15 Jahren gegründeten Anti-Islam-Organisation mit Verbindungen in die Hooligan-Szene, für die Gewalt verantwortlich. Unter dem Motto „Genug ist genug“ wurde auf rechtsextremen Kanälen in Onlinemedien für die Kundgebungen geworben. Bei den Veranstaltungen selbst schwenkten Menschen die britische und englische Flagge und skandierten Slogans wie „Stoppt die Boote“ – eine Anspielung auf Migranten, die illegal über den Ärmelkanal nach Großbritannien kommen.
In zahlreichen Städten organisierten Menschen antifaschistische Gegenkundgebungen. In Leeds zogen die Demonstranten etwa mit Rufen, wie „Nazi-Abschaum raus aus unseren Straßen“ durch die Stadt.
Es handelt sich um die schlimmsten Ausschreitungen seit Protesten im Jahr 2011, nachdem der schwarze Familienvater Mark Duggan im Norden Londons von der Polizei erschossen worden war. „Wir hatten schon früher Unruhen und Zusammenstöße dieser Art, aber sie waren auf bestimmte Gegenden des Landes beschränkt“, sagte Tiffany Lynch vom Polizeiverband für England und Wales der BBC. Die aktuellen Ausschreitungen breiteten sich jedoch über die großen Städte aus.
Die britische Regierung erklärte, der Polizei „alle erforderlichen Mittel“ zur Verfügung zu stellen. Das ganze Justizsystem sei bereit, „so schnell wie möglich Verurteilungen zu erlassen“, sagte Justizministerin Shabana Mahmood. Die für die Polizei zuständige Ministerin, Diana Johnson, sagte am Sonntag dem Sender BBC News, die Ausschreitungen würden „nicht toleriert“, stattdessen werde es „Strafen und Konsequenzen“ geben. Die Regierung werde alles tun, was nötig sei, um die Randalierer vor Gericht zu stellen.