Wirtschaftsvertreter beklagen immer mehr die Politik der Ampelkoalition. Gerade dem Bundeskanzler wird fehlende Unterstützung vorgeworfen.

Aus Unternehmen und von deren Interessenvertretern hagelt es fast täglich Kritik an der Wirtschaftspolitik der Ampelregierung. Vom Fachkräftemangel über Bürokratie, hohe Steuern und falsche Energiepolitik reichen die Vorwürfe. Im Mittelpunkt steht aber nicht nur Wirtschaftsminister Robert Habeck. Vielmehr ist es Bundeskanzler Olaf Scholz, der bei der Wirtschaft für Kopfschütteln sorgt.

Wie schlimm es um das Verhältnis von Scholz zur Wirtschaft bestellt ist, zeigen Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“. Demnach habe es bei einem Treffen des Bundeskanzlers am Rande der Handwerksmesse in München Anfang März zwar einen Austausch mit Wirtschaftsvertretern gegeben.

Aber statt auf ein Zehn-Punkte-Papier einzugehen, das die Chefs von BDI, Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Arbeitgebervereinigung (BDA) und Handwerksverband (ZDH) bereits im Januar vorgelegt haben, soll Scholz seine Regierung gelobt haben – für Erfolge in der Verwaltung. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte dem Bericht nach, man habe sich „ausführlich ausgetauscht“.

Doch es gibt wohl auch eine andere Einschätzung. Nach SZ-Informationen seien die Wirtschaftsvertreter nach dem Treffen „fassungslos“ und „konsterniert“ gewesen, auch das Wort „stinksauer“ soll gefallen sei. Bislang steht wohl noch eine schriftliche Antwort des Kanzleramts auf die Wirtschaftsvorschläge aus. Die Nähe zu Unternehmensvertretern scheint Scholz ohnehin nicht oft zu suchen. Nach einer Zählung der „Bild“ habe er sich seit Amtsantritt sechsmal mit Arbeitgebervertretern betroffen, mit Gewerkschaften hingegen 25 Mal. Für die kommende Chinareise von Scholz Mitte April hatte sich der BDI nach Informationen von table.media gar nicht erst als Teilnehmer der Wirtschafts-Delegation beworben.

Der Frust bei Unternehmern scheint groß. Katharina Kreitz gründete 2015 die Firma Vectoflow, die sich auf Strömungsmesstechnik spezialisiert hat. Mit 27 Beschäftigten und drei Millionen Umsatz ist sie ein klassisches Beispiel für mittlere deutsche Unternehmen, die von Beginn an Profit gemacht haben.

Kreitz sieht die Schwierigkeiten, zum Beispiel Fachkräfte ins Land zu holen. „Wahnsinn, was da alles geprüft wird! Und selbst wenn man mal Fördergelder bekommt, ist die Bewilligung oft so komplex, dass der Aufwand sich kaum noch lohnt. In den USA würde uns das Geld dagegen fast nachgeworfen“, sagte sie dem „Focus“. Die Folge: Start-ups gingen in die USA, weil es hierzulande zu wenig Risikokapital gebe.

„Wir kranken an falschen Anreizen“

Nachdem Industriepräsident Siegfried Russwurm am Mittwoch Scholz unterstellte, die Sorgen der Wirtschaft abzutun, legen jetzt auch Familienunternehmer nach. So klagt der Vorstand der Stiftung Deutsche Familienunternehmen, Rainer Kirchdörfer: „Wir kranken an falschen Anreizen“. Staat und Gesellschaft würden der Wirtschaft zu viele Steine in den Weg legen, sagte er dem „Focus“.

Auch der Chef der Drogeriekette dm, Christoph Werner, sieht eine Veränderung. „Auch wenn wir gut zurechtkommen, erlebe ich bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes Verunsicherung“, sagte er bei einer Gesprächsrunde des „Focus“. Er warnt davor, nicht über den Tellerrand schauen zu wollen. Die Preiskämpfe bei Markenartiklern zeigten, dass diese lieber aufs Geschäft verzichten, als die niedrigen Preise in Deutschland zu akzeptieren. „Andere Absatzmärkte auf der Welt sind mittlerweile für sie einfach attraktiver und damit zunehmend wichtiger“, sagte Christoph Werner.

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„Es fehlt ein großer Plan“

Vom Logistiker Rolf Schnellecke, der auch zehn Jahre lang für die CDU Oberbürgermeister in Wolfsburg war, kommt ebenfalls Kritik an der Ampelkoalition: „Ich habe durchaus Mühe, manche Volten noch zu verstehen in der Ampel-Politik, wo einfach ein großer Plan fehlt“, sage er dem „Focus“.

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