Der Kanzler erklärt sich im TV. Endlich Führung also in der beispiellosen Regierungskrise? Fehlanzeige.

Für die Deutschen war es am Sonntagabend ein seltener Moment: Ihr Kanzler lässt sich herab vom Kanzleramt ins TV und erklärt sich den Bürgern. Schon das Timing allerdings ist bezeichnend.

Schließlich blieb Scholz in all den von außen eindringenden und von innen selbst kreierten Krisen seiner Regierung für sein Volk unnahbar, ja unsichtbar. Erst jetzt, wo sich schon bald Neuwahlen abzeichnen und es um seine eigene politische Zukunft geht, zeigt er Präsenz. Ein Narr, wer da nicht misstrauisch wird.

Es folgte denn auch, was folgen musste. Konsequent verweigerte Scholz sich jeder Selbstreflexion und Kritik, spann ein Narrativ in fast biblischem Stil. Der alleinige Schuldige für die beispiellose Regierungskrise, die Deutschland gerade erlebt? Christian Lindner – der Judas, der die Ampel verriet. Er selbst? Ein Märtyrer, ans Kreuz geschlagen von der FDP.

Er selbst habe schließlich alles versucht, behauptete Scholz da immer wieder. Oft habe er „gute Miene zu immer böserem Spiel“ gemacht. „Einige“ aber hätten es einfach nicht gewollt.

Die Rolle des Opfer-Kanzlers aber steht Scholz schlecht zu Gesicht. Natürlich stimmt, dass die FDP sich hartleibig Kompromissen verweigerte und nun fahnenflüchtig in Krisenzeiten ist. Scholz aber lieferte in dem dysfunktionalen Bündnis Fehleinschätzungen statt Führung und ignorierte zu lange die Leiden der Wirtschaft, die Sorgen der Bürger und unterschätzt bis heute den Aufstieg der AfD.

In seiner gesamten Regierungszeit pflegte er den Duktus, den er auch bei „Caren Miosga“ einhielt: keine Spur von Selbstkritik, nirgendwo. Und auch jetzt will der mächtigste Mann der Regierung, qua Amt Verantwortungsträger Nummer 1, an dem historisch beispiellosen Scheitern seiner Koalition null Anteil haben.

Das ist absurd und unwürdig. Bleibt für die deutsche Sozialdemokratie nur zu hoffen, dass Scholz’ Partei die Lage sowie die Stimmung der Bürger im Land noch etwas besser fühlt als ihr Frontmann und bald einen neuen Kanzlerkandidaten ins Rennen schickt. Mit Scholz‘ Haltung ist kein Staat zu machen.

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