Wahlkampf
Scharfe Töne im Wahlkampf – Heil wirft CDU Beleidigung vor
Aktualisiert am 19.12.2024 – 00:27 UhrLesedauer: 3 Min.
Bis weit in den Süden der Republik muss man lernen, was „Tünkram“ ist, will man den Kontrahenten im Bundestagswahlkampf folgen. Jetzt gehen die Attacken in die nächste Runde.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann die Beleidigung von Millionen Beschäftigten vorgeworfen. Linnemann unterstelle 45 Millionen Erwerbstätigen pauschal Faulheit, sagte Heil in einem dpa-Videointerview. Das sei eine Unverschämtheit.
Der Arbeitsminister reagierte damit auf Äußerungen des CDU-Generalsekretärs im RTL/ntv-Frühstart. Linnemann hatte dort beklagt: „Wir wachsen nicht mehr. Wir sind Schlusslicht, wir steigen ab. In Deutschland gibt es gar keine Leistungsbereitschaft mehr.“
Heil räumte tiefgreifende Probleme in Deutschland ein. Zentral sei, die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb zu erhalten oder wieder zu stärken. „Allerdings nicht, indem man die fleißigen Menschen in Deutschland demotiviert oder gar beleidigt.“
An die Adresse des CDU-Generalsekretärs gerichtet sagte er: „Und ich finde das beleidigend, wenn man den Deutschen pauschal unterstellt, es gibt keine Leistungsfähigkeit mehr in diesem Land.“ Zudem sei dies demotivierend.
Hinter dem Hin und Her stehen auch Unterschiede bei den Konzepten. Linnemann kündigte an, die CDU trete bei der Bundestagswahl an, um die Leistungsbereitschaft wieder zu fördern. „Deswegen wollen wir gerne Überstundenzuschläge steuerfrei stellen. Wer Mehrarbeit leistet, muss entlastet werden. Wir wollen, dass jeder Rentner, der freiwillig länger arbeiten will, 2.000 Euro steuerfrei bekommt“, sagte er.
Heil hingegen meinte: „Wir haben im Moment große Herausforderungen konjunktureller Natur.“ Keine andere Volkswirtschaft auf der Welt sei so sehr vom Weltmarkt abhängig wie Deutschland. „Das produzierende Gewerbe leidet darunter, dass andere sich gerade abschotten – Stichwort China, Stichwort USA.“ Die Aufgabe jetzt sei es, „um Industriearbeitsplätze zu kämpfen“.
In Anlehnung an eine Parole der Union betonte Heil: „Leistung muss sich lohnen.“ In Deutschland gebe es immer noch 45 Millionen Erwerbstätige, „die wirklich jeden Tag hart struggeln, die über die Runden kommen müssen und die wir brauchen“.
Heil: „Das sind Handwerker, das sind Pflegekräfte, das sind Selbstständige, das sind Soldaten, das sind Polizisten, das sind Feuerwehrleute, das sind Reinigungskräfte.“ Linnemann habe einen „komischen Blick auf Deutschland, so mit Menschen umzugehen“, so der Arbeitsminister. „Das ist nicht meine Art und Weise, Politik zu machen.“
Kurz vor den Äußerungen Heils hatte die SPD am Mittwoch ein Fairnessabkommen aller im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien gefordert. SPD, Union und FDP hatten ihre Auseinandersetzungen in den Tagen vorher teils immer wieder eskalieren lassen – bereits rund um den Rausschmiss von Finanzminister Christian Lindner (FDP) durch Kanzler Olaf Scholz (SPD) und erneut rund um die Vertrauensfrage von Scholz Anfang der Woche.
Wer eine Verschnaufpause bis über die Weihnachtstage erhofft hat, dürfte enttäuscht sein von dem neuerlichen Schlagabtausch. Der Arbeitsminister, der in seinem politischen Leben auch schon als SPD-Generalsekretär mit harten Bandagen agierte, antwortet auf die Frage, ob er bis zum geplanten Wahltermin am 23. Februar seine kämpferische Seite herauskehren wolle: „Ich bin kämpferisch für die Themen, die mir am Herzen liegen.“
In Fragen von Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik gebe es zwischen der Merz-CDU mit Linnemann und der SPD mit Scholz klare Unterschiede, sagte Heil. „Wenn es zum Beispiel darum geht, dass Arbeit sich wirklich stärker lohnen muss, geht es auch um bessere Löhne – Stichwort Mindestlohn.“ Die CDU dagegen stehe für Steuergeschenke für sehr Wohlhabende, kritisierte Heil.
„Ich bin immer dafür, dass in der Demokratie auch gestritten wird, dass man kompromissfähig sein muss, gehört auch dazu.“ Er sei zwar nicht dafür, dass man sich wechselseitig persönlich runter mache, sagte Heil. „Aber in der Sache muss es auch zwischen Demokraten Streit um die richtigen Konzepte geben.“