Je berühmter, desto besser

Eine Sammler-Leidenschaft droht zu verschwinden

Aktualisiert am 10.11.2024 – 16:31 UhrLesedauer: 3 Min.

Christian Bach, Vorsitzender des Clubs der Autogrammsammler, hält ein Autogramm vom ehemaligen Fußball-Spieler Pierre Littbarski hoch. (Quelle: Swen Pförtner)

Einer der führenden Autogrammsammler Deutschlands lebt in Göttingen. Sein Hobby verliert aber immer mehr an Bedeutung.

Mit „Litti“ fing alles an: 1993 erhielt Christian Bach vom damaligen Fußball-Weltmeister Pierre Littbarski sein erstes Autogramm. Per Post hatte Bach, damals als Teenager ein Anhänger von Littbarskis 1. FC Köln, den Fußballstar darum gebeten – und insgeheim gehofft, so vielleicht auch an eine Gratis-Karte für ein Spiel zu kommen. Das Ticket gab es zwar nicht, aber die Sammel-Leidenschaft des Göttingers war geboren. „Ich habe mir gedacht, was bei Littbarski geht, geht bestimmt auch bei Franz Beckenbauer.“

Heute besitzt Bach, mittlerweile Mitglied von Borussia Dortmund, nach eigener Schätzung rund 10.000 Autogramme und ist der Vorsitzende des Clubs der Autogrammsammler. Zwar hat der Club mit Sitz in Aachen nur elf Mitglieder, seine Fachzeitschrift, die „Autogramm-Post“, erreicht laut Bach aber immerhin 600 bis 700 Abonnenten.

Warum er zum Sammler geworden ist? „Ich habe damals unglaublich gerne Post bekommen“, erinnert sich der heute 44-Jährige an seine Jugend. Also habe er sich aus dem Videotext oder der „Bravo“ die Adressen von Fußballern und Schauspielern herausgesucht und Anfragen verschickt. „Ich habe mich immer gefreut, wenn einer geantwortet hat.“

Christian Bach, Vorsitzender des Clubs der Autogrammsammler, hält ein Autogramm vom ehemaligen Fußball-Spieler Augustine Azuka „Jay-Jay“ Okocha. (Quelle: Swen Pförtner/dpa)

Mittlerweile gehört das Sammeln zu seinem Alltag. „Es kommen jeden Tag neue Autogramme dazu.“ Nicht alle Signaturen hat er selbst per Post angefragt oder von den Stars vor Ort bekommen, einige sind auch angekauft. Doch die Autogramme, die bei persönlichen Begegnungen entstanden, haben für ihn einen besonderen emotionalen Wert.

„Autogramme sammeln hilft beim Erinnern“, sagt Bach, der als Vertriebsmitarbeiter für ein US-Industrieunternehmen arbeitet. Gerne lässt er sich daher auch Eintrittskarten, CDs oder Bücher signieren, wenn möglich mit Widmung. Auf die Idee, die Stars direkt anzusprechen, kam er erstmals im Sommer 1994, als sein Heimatverein Göttingen 05 im DFB-Pokal den Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt empfing – zu der Zeit ein stargespicktes Team um Anthony Yeboah und Jay-Jay Okocha. „Da habe ich gemerkt, dass man ja auch nach dem Spiel zum Mannschaftsbus gehen kann.“

Wieder spielte der Fußball also eine entscheidende Rolle. Allerdings ist Sport heute nicht mehr der Schwerpunkt von Bachs Sammlung. Er fokussiert sich lieber auf Musik und TV, kurz: das Showgeschäft. Denn eine Spezialisierung brauche es schon, sagt er, sonst sei das Sammeln uferlos.

Bei Konzerten und anderen Events stellt Bach jedoch fest, dass seine Leidenschaft – die Autogramme – bei immer weniger Fans und Sammlern gefragt ist. Gerade in der Generation der 15- bis 35-Jährigen hätten Selfies dem Autogramm „hundertprozentig“ den Rang abgelaufen. Auch bei seinem 15 Jahre alten Sohn merke er das. „Das Autogramm stirbt aus“, sagt Bach. „Klar tut das weh. Aber ich kann den Trend nicht aufhalten.“

Als Grund für den Wandel sieht der Sammler die veränderte Medienlandschaft mit sozialen Medien und Messengern wie Whatsapp. „Das Interesse an der Handschrift ist, glaube ich, verloren gegangen.“ Früher habe keiner Zehntausende Fotoalben durchgeblättert. „Heute guckt man alle paar Minuten auf das Handy und sieht ständig Bilder.“

Fotos von seinen Begegnungen mit Stars sammelt Bach zwar auch – dann jedoch lieber als Aufnahme von einem Dritten statt als Selfie: „Ich mag das nicht. Auf einem Selfie sieht man meistens blöd aus.“

Eigentlich wäre sein Hobby für jeden geeignet, der Spaß daran hat, findet Bach. Es brauche keine Ausrüstung, keine Vorkenntnisse. „Eigentlich brauchst du nur ein Notizbuch und einen Stift. Und vielleicht noch Umschläge und Briefmarken.“ Man könne auch jederzeit aufhören und später wieder einsteigen. Für manche Sammler seien die Autogramme gar ein Tor zur Welt, wenn sie gesundheitlich eingeschränkt sind.

Auf eines legt Bach dabei Wert: „Ich bin nicht der Typ, der in einer Tiefgarage auf Barbara Schöneberger wartet oder Boris Becker auf die Toilette hinterherläuft.“ Stattdessen sei er gut damit gefahren, den Stars freundlich und höflich zu begegnen. „Zu 99 Prozent klappt das auch.“

Auf ein Lieblings-Autogramm aus seiner Sammlung möchte sich Bach nicht festlegen. Aber: „Die, die mir besonders am Herzen liegen, sind die, wo ich die Leute tatsächlich getroffen habe.“ Pierre Littbarski etwa habe er mittlerweile persönlich von seinem allerersten Autogramm erzählen können – dem Autogramm, mit dem 1993 für ihn alles anfing.

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