In den Medien wurde nicht nur Ihre musikalische Wandlung thematisiert, sondern auch Ihr Privatleben. Sie hatten mit Matthias Reim einen bekannten Partner an Ihrer Seite, trotz Trennung pflegen Sie nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis. Wie haben Sie das geschafft?

Das sollte das Ziel jeder Familie sein, die auseinandergeht. Dass man sich versteht. Es ist ja nicht nur ein Er und Ich, es gibt ja auch ein Kind. Ich glaube, den größten Fehler, den Menschen machen, ist, dass man Kinder dafür missbraucht, sich gegeneinander aufzuhetzen und gegeneinander auszuspielen. Wir sind doch erwachsene Menschen. Wenn ein Lebensabschnitt zu Ende geht, dann ist er einfach zu Ende. Da muss man erwachsen damit umgehen. Man begegnet sich doch immer wieder, warum soll man sich dann mit Negativität das Leben schwer machen? Das ist nicht meine Devise.

Von 1999 bis 2001 waren Matthias Reim und Michelle ein Paar. (Quelle: IMAGO / Christian Schroedter)

Ein Thema, das in den Medien gerade stark diskutiert wird, ist die fehlende soziale Absicherung von freischaffenden Künstlern. Wie haben Sie für die Zukunft vorgesorgt?

Das ist tatsächlich ein sehr schwieriges Thema, weil einfach viele Dinge da nicht richtig laufen. Aber trotzdem muss jeder für sich selbst entscheiden, welchen Weg er geht und wie er vorsorgt. Als ich mich dafür entschieden habe, meine Live-Karriere zu beenden, hatte ich natürlich auch im Hinterkopf, dass ich mir etwas suchen muss, damit ich mich sicher fühle. So, dass ich glücklicher werde. Es geht darum: Was macht dich glücklich? Mit was bin ich zufrieden? Jeder hat selbst in der Hand, etwas zu verändern.

Auf Ihrem neuen Album gibt es den Song „Der letzte Gang“. Darin lautet eine Zeile „Rollt den roten Teppich weg“. Werden Sie der Öffentlichkeit tatsächlich komplett den Rücken kehren?

Wie ich das künftig handhaben werde, möchte ich noch nicht verraten. Fakt ist, ich werde auf jeden Fall nicht mehr in einem Auto sitzen und zu viel Zeit in irgendwelchen Hotels verbringen. Das hat mich bereits viel zu viel Lebenszeit gekostet. Ich werde jetzt meine Wurzeln schlagen. Denn ich bin immer ein Baum gewesen, der weiter und weiter nach oben wächst, aber nie eine Wurzel hat. Die Stürme dieses Lebens zu überleben, war für mich daher auch immer eine große Schwierigkeit. Denn mir haben die Wurzeln gefehlt.

Sie sind im Laufe Ihrer Karriere nicht nur musikalisch gewachsen, sondern auch älter geworden. Haben Sie in den vergangenen Jahren eine Veränderung bemerkt, wie man Ihnen als Künstlerin gegenübertritt?

Ich glaube, dass es in der Musikbranche noch mal anders ist als zum Beispiel in der Schauspielerei. Bei uns heißt es nicht gleich: Nur weil man älter wird, wird man nicht mehr gebucht. Man wird eher als gestandene Künstlerin betrachtet. Und ich glaube auch, dass es genau das ist, was mich ausmacht.

Wenn Sie auf die Nachwuchskünstler in der Musikwelt blicken: In wem sehen Sie Potenzial?

Newcomer haben es unfassbar schwer. Wenn ich die musikalische Entwicklung der vergangenen Jahre sehe, muss ich sagen: Ich habe wenig Hoffnung. Jeder versucht, sich anzupassen. Jeder versucht etwas zu machen, was schon mal da war. Jeder versucht, sich auf irgendwelche Hits draufzusetzen. Meiner Meinung nach fehlen Ecken und Kanten. Ich glaube, dass es schwierig ist in dieser Branche etwas Neues zu machen. Für die Zukunft der Newcomer sieht es daher sehr schlecht aus.

Eine Newcomerin kommt aus Ihrer Familie: Ihre Tochter Marie Reim macht ebenfalls Musik. Wie oft fragt sie Sie nach musikalischem Rat?

Musikalisch fragt Marie mich nie um Rat. Sie ist eine eigenständige Künstlerin. Sie hat ihren eigenen Kopf, sie hat ihre eigenen Vorstellungen. Wahrscheinlich würde ich ihr auch immer den falschen Rat geben. Musikalisch haben sich die Zeiten geändert. Ich komme aus einer völlig anderen Ära. Dazu kommt, dass ich natürlich auch ihre Mama bin. Deswegen würde ich wohl immer den mütterlichen Rat geben – und das ist in der Musikbranche nicht sonderlich hilfreich.

Sie sagen, Ihr Leben wird sich jetzt ändern. Mit Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie sich in 15 bis 20 Jahren?

Also, die Reise ist ja noch nicht ganz zu Ende. Jetzt kommt erst mal das Album und 2026 gehe ich dann damit auf Tour. Es ist also noch ein bisschen hin, bis sich mein Leben dann tatsächlich verändert. Aber in 15 bis 20 Jahren bin ich auf jeden Fall komplett angekommen in meinem Leben. Meine Wurzeln haben tief in die Erde geschlagen und mein Baum kann noch höher wachsen. Er ist dann so gut verwurzelt, dass kein Sturm der Welt ihn umkippen kann.

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