„Aber wenn solche Ansichten in der Regierungszentrale in Moskau die Oberhand gewinnen, wird die Gefahr eines militärischen Konflikts in den kommenden Jahren wachsen“, sagte er.
„Aus russischer Sicht wäre (Erfolg) gegeben, wenn Artikel 5 im Falle eines Angriffs keine Wirkung entfalten würde“, fügte Kahl hinzu.
Die Artikel-5-Klausel der NATO ist ein wichtiger Schutz, insbesondere für anfälligere Länder wie das Baltikum, da sie theoretisch beispielsweise bedeuten würde, dass die Vereinigten Staaten im Falle eines Angriffs Russlands mit all ihrer militärischen Macht eingreifen und als starke Abschreckung wirken würden.
Aber auch in Europa wächst die Sorge über die Zuverlässigkeit des jahrzehntelangen Engagements der USA für die europäische Sicherheit. Der gewählte US-Präsident Donald Trump hat erklärt, er werde Russland „ermutigen“, jedes NATO-Mitgliedsland anzugreifen, das seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Verteidigungsbündnis nicht nachkommt.
Die russischen Streitkräfte seien ausrüstungs- und personell in der Lage, bis zum Ende des Jahrzehnts einen Angriff auf die NATO zu starten, sagte Kahl und fügte hinzu, dass Russlands Fokus „sicherlich nicht auf einem groß angelegten Landraub“ liegen werde, sondern vielmehr geht es darum, eine Spaltung innerhalb der NATO herbeizuführen.
Kahl warnte auch vor einer russischen Einmischung im Vorfeld der für den 23. Februar geplanten vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland.
Ziel des Kremls sei es, gesellschaftliche Konflikte zu schüren, indem er Themen wie Klimapolitik im Detail analysiert, die dann vom rechten und linken Rand des politischen Spektrums in Deutschland „naiv nachgeplappert“ würden, sagte Kahl. „Das hat natürlich Auswirkungen auf die Wahlen, auf die Wahlergebnisse“, sagte er.
In einem anderen diplomatischen Streit verwies Moskau am Mittwoch zwei Journalisten aus dem deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ARD als Reaktion auf deutsche Maßnahmen gegen Reporter aus Russland. Das veranlasste das Außenministerium in Berlin, am Donnerstag den russischen Botschafter einzubestellen.