Geheimdienste
Russische Sabotage – Zufall verhinderte Flugzeugabsturz
Aktualisiert am 14.10.2024 – 13:30 UhrLesedauer: 3 Min.
Im Bundestag berichten die Chefs der Nachrichtendienste von Aktivitäten russischer Geheimdienste. Ein besonders gefährlicher Sabotagefall war demnach der Sprengsatz in einem Paket.
Bei einem mutmaßlich von Russland initiierten Brand eines Luftfrachtpakets ist Deutschland im Juli nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nur knapp an einem Flugzeugabsturz vorbeigeschrammt. Es sei nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket damals noch am Boden im DHL-Logistikzentrum Leipzig und nicht während des Fluges in Brand geraten sei, sagte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang bei einer öffentlichen Befragung der deutschen Geheimdienste im Bundestag. Sonst wäre es zu einem Absturz gekommen. In Sicherheitskreisen wird davon ausgegangen, dass der Vorfall im Zusammenhang mit russischer Sabotage steht.
Nach dpa-Informationen bestand der glückliche Zufall darin, dass der Weiterflug des aus dem Baltikum stammenden Frachtpakets sich in Leipzig verzögerte. Das Paket hatte einen Brandsatz enthalten, der dort zündete und einen Frachtcontainer in Brand setzte.
Das Spitzenpersonal der Geheimdienste warnte bei der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestags die Bevölkerung vor Naivität. Putin habe Deutschland längst zum Feind erklärt, betonten die Präsidenten der drei Nachrichtendienste. Ein Absturz des Flugzeugs über bewohntem Gebiet hätte nach Haldenwangs Worten womöglich auch Menschen getroffen, die „mit (Russlands Präsident Wladimir) Putin und seinen Zielen sympathisieren“.
„Wir beobachten ein aggressives Agieren der russischen Nachrichtendienste“, erklärte Haldenwang. Besonders Spionage und Sabotage durch russische Akteure hätten in Deutschland zugenommen – und zwar „sowohl quantitativ als auch qualitativ“.
BND-Chef: Russland spätestens 2030 fähig zu Angriff auf den Westen
Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, erklärte: „Der Kreml sieht den Westen und damit auch Deutschland als Gegner.“ Russland werde spätestens ab Ende des Jahrzehnts personell und materiell in der Lage sein zu einem Angriff auf den Westen. „Putin wird rote Linien des Westens austesten“, sagt der BND-Chef. Daher seien Geschlossenheit und Verteidigungsfähigkeit wichtig. Es sei zu erwarten, dass Moskau vor einer offenen militärischen Auseinandersetzung noch versuchen werde, die Nato zu spalten.
Die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Martina Rosenberg, berichtete von besorgniserregenden Ausspähversuchen fremder Nachrichtendienste gegen die Bundeswehr: „Sei es, um deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine, Ausbildungsvorhaben oder Rüstungsprojekte aufzuklären oder um durch Sabotagehandlungen das Gefühl der Unsicherheit zu vermitteln.“
Der MAD brauche mehr Befugnisse, auch um die Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade in Litauen effektiv zu begleiten, verlangt Rosenberg. Schließlich müsse der Dienst auch in der Lage sein, die Familien der Bundeswehr-Angehörigen während ihres Aufenthalts in dem Nato-Staat zu schützen.
BND-Chef wünscht sich mehr „Beinfreiheit“ für Auslandsnachrichtendienst
Kahl sagt, er mache sich ernsthafte Sorgen angesichts der starken Einschränkung der Befugnisse der deutschen Nachrichtendienste. Der BND brauche „deutlich mehr operative Beinfreiheit“, um seinen Auftrag effektiv erfüllen zu können. Positiv hob er die infolge des Falls von Carsten L. erweiterten Befugnisse bei der Eigensicherung hervor.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem zur Geheimhaltung verpflichteten BND-Mitarbeiter und einem Geschäftsmann Landesverrat in besonders schwerem Fall vor. Sie sollen 2022 geheime Dokumente und Informationen aus dem deutschen Auslandsnachrichtendienst an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB gegeben haben. Dafür sollen sie laut Anklage Geld erhalten haben.
Der Gesetzgeber habe seither geholfen eine „Lücke in der Eigensicherung zu schließen“, sagt Kahl. Dazu zählten ein besserer Schutz von Verschlusssachen, sowie etwa auch die Möglichkeit Taschen, Diensträume und Fahrzeuge von Mitarbeitern zu kontrollieren. Dass der BND wichtige Partner im Ausland sehr transparent über den Fall informiert habe, sei wichtig gewesen, um dort kein Vertrauen zu verspielen.