Der Medikamentenmangel in Deutschland verschärft sich: Hunderte Arzneimittel sind derzeit nicht verfügbar. Auch Kochsalzlösung wird knapp.

Schmerzmittel, Fiebersenker, bestimmte Antibiotika oder Hustensäfte: Bei knapp 500 Medikamenten gibt es derzeit Lieferschwierigkeiten. Das geht aus der Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hervor, in die Hersteller Lieferengpässe für versorgungskritische Arzneimittel eintragen.

Von den bestehenden Lieferengpässen sind nun auch medizinische Kochsalzlösungen betroffen. Darauf hat der Apothekerverband Nordrhein hingewiesen. „Was in den Klinken schon seit Monaten ein großes Problem ist, erreicht jetzt auch die Versorgung ambulanter Patienten. Es gibt zurzeit viel zu wenig Kochsalzlösung“, sagte der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, der „Rheinischen Post“. Die Lösungen werden in Krankenhäusern etwa für Infusionen und Spülungen bei Operationen benötigt.



„Kochsalzlösungen kosten nur wenige Cent in der Produktion, sind aber unersetzbar in der Versorgung der Patienten. Deshalb dürfen solche Lieferengpässe eigentlich gar nicht auftreten.“


Thomas Preis zur „Rheinischen Post“


Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium bestätigte der Zeitung die Angaben: „In den letzten Wochen sind Kliniken, auch Universitätskliniken, auf das Ministerium zugekommen, weil sie sehr große Probleme haben, sich im ausreichenden Maß mit steriler Kochsalzlösung zu versorgen. Demnach werden die Kliniken in NRW und Deutschland bereits seit Monaten nur noch mit rund 80 Prozent der Bedarfe beliefert, zuletzt sogar nur noch mit rund 50 Prozent.“

Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Matthias Blum, sagte: „Der Engpass bei den Kochsalz-Spüllösungen beschäftigt die Krankenhäuser schon sehr lange. Seit Juni haben wir mehrfach darauf aufmerksam gemacht und davor gewarnt, dass Operationen verschoben werden müssen.“ Trotz der aktuellen Kontingentierung der Liefermengen könne aufgrund des Engagements der Krankenhäuser eine Gefährdung der Patientinnen und Patienten aber ausgeschlossen werden, betonte er.

„Am Anfang des Monats ist es meist etwas besser, da dann neue Kontingente abgerufen werden können, aber gerade zum Ende des Monats kommt es weiterhin zu Engpässen.“ In den Krankenhäusern bleibe dann oft nur die Möglichkeit, die angeforderten Mengen einzelner Abteilungen anzupassen, um möglichst alle Abteilungen kontinuierlich beliefern zu können. „Die Krankenhäuser setzen ihre Hoffnung auf Meldungen, wonach vielleicht schon Ende des Jahres eine Entspannung eintreten kann.“

Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin betonte indes, dass der Lieferengpass keinen Versorgungsengpass bedeute, weil es Alternativen zu dem Produkt gebe. Gleichwertige Produkte würden ersatzweise verwendet oder importiert, allerdings teilweise zeitverzögert.

Das BfArM versicherte, „Hinweise auf Lieferengpässe bei isotonischer Kochsalzlösung zum Spülen (Medizinprodukt) als auch für Infusionslösung (Arzneimittel)“ engmaschig zu bewerten. Zudem befinde sich zusätzliche Produktionskapazität in Deutschland im Aufbau. „Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, diese baldmöglichst vollumfänglich in Betrieb zu nehmen“, so ein BfArM-Sprecher auf Anfrage der „Rheinischen Post“.

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