Angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung steht das deutsche Rentensystem vor großen Problemen. Ohne Reform drohen höhere Beiträge oder geringere Rentenzahlungen.
Kaum eine Diskussion in Deutschland wird so oft und so hitzig geführt wie die um die Rentenkasse. Während die eine Seite stets den baldigen Untergang des gesamten Systems prophezeit, wiegelt die andere ab: Nein, die Rente ist sicher – es muss sich nichts ändern.
Die Wahrheit aber liegt – wie so oft – dazwischen.
Tatsächlich steht die Rentenkasse durchaus vor einem Finanzierungsproblem. Denn die Rente ist ein sogenanntes Umlagesystem. Das bedeutet, dass alle Arbeitnehmer ihre Beiträge in einen großen Topf einzahlen. Aus diesem wird das Geld dann direkt an die aktuellen Rentner ausgezahlt. Ein persönliches Sparkonto gibt es dabei nicht – die Einzahlungen werden folglich umgelegt.
Dieses System stößt jedoch zunehmend an Grenzen, denn die Zahl der Rentner steigt, ebenso wie die Lebenserwartung. 1960 erhielten Männer und Frauen in Deutschland durchschnittlich für 9,9 Jahre Rente, inzwischen sind es 20,5 Jahre.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat dazu Folgendes berechnet: Demnach kamen im Jahr 2020 auf 100 Beitragszahler 57 Rentner. Im Jahr 2030 könnten es bereits 67 sein und im Jahr 2050 etwa 77. Diese Entwicklung stellt das Umlagesystem vor enorme finanzielle Herausforderungen.
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Um die Renten zu sichern, das System zu stabilisieren, müssen entweder die Beitragssätze erhöht, höhere staatliche Zuschüsse an die Rentenkasse geleistet, das Renteneintrittsalter angehoben, das Rentenniveau gekürzt – oder bestimmte Leistungen der Rentenkasse gestrichen werden. Oder ein Mix aus den Maßnahmen. Einiges davon geschieht bereits.
So lag der Beitragssatz zur Rentenversicherung im Jahr 1960 bei 14 Prozent und stieg bis zum Jahr 1998 auf 20,3 Prozent an. Durch mehrere Reformen wurde der Satz bis heute auf aktuell 18,6 Prozent gesenkt. Offiziellen Prognosen zufolge könnte der Rentenbeitrag ohne Reform bis 2030 auf 20,2 Prozent und bis 2040 auf 21,4 Prozent steigen.
Und der Staat unterstützt die Rentenkasse finanziell: Für das Jahr 2025 sind rund 121 Milliarden Euro an Zuschüssen geplant. Diese Summe entspricht etwa einem Viertel des gesamten Bundeshaushalts. Finanziert werden unter anderem die sogenannte Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte, höhere Bewertungen von Rentenzeiten in den neuen Bundesländern sowie zusätzliche Ansprüche für Eltern aufgrund von Kindererziehung. Lesen Sie hier, wie die sogenannte Mütterrente Ihren Rentenanspruch erhöht.
Ohne diese staatlichen Zuschüsse hätte die Deutsche Rentenversicherung weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Dies würde langfristig entweder zu erhöhten Beiträgen oder zu niedrigeren Rentenzahlungen führen. An dieser Stelle kommt das sogenannte Rentenniveau ins Spiel.
Das Rentenniveau ist eine rechnerische Größe, die das Verhältnis der Renten zu den Einkommen in Deutschland angibt. Bei einem sinkenden Rentenniveau würden die Renten den Löhnen hinterherhinken, etwa indem die Bezüge im Alter weniger stark steigen.
Das Rentenniveau ist eine statistische Größe, die zeigen soll, wie sich die Gesamtheit der Renten in Deutschland entwickelt. Auf die Höhe der persönlichen Rente lässt sich vom Rentenniveau aus aber nicht schließen. Das heißt: Auch wenn das Rentenniveau sinkt, kann es sein, dass die eigene Rente steigt. Mehr dazu lesen Sie hier.
Ohne eine Rentenreform – beziehungsweise ein Festschreiben des Niveaus – dürfte es in den kommenden rund 15 Jahren von heute 48 auf dann rund 45 Prozent sinken, wie es in offiziellen Schätzungen heißt. Denn Millionen Babyboomer mit Geburtsjahren in den 1950er- und 1960er-Jahren werden von Einzahlenden zu Ruheständlern – der Rentenkasse drohen höhere Ausgaben bei schwächeren Beitragseinnahmen.
Eine kommende Regierung – die voraussichtlich von der CDU geführt wird – müsste zeitnah die Frage nach dem Rentenniveau und den Rentenbeiträgen klären. Offen ist aktuell, ob sie das Rentenniveau nach 2025 weiter festschreiben wird. Das Rentenniveau soll auch bei der CDU stabil bleiben – allerdings nicht gesetzlich fixiert, sondern „durch wirtschaftliches Wachstum garantiert“.
Die Wirtschaftsweisen haben etwa jüngst vorgeschlagen, „das Renteneinstiegsalter an die Entwicklung der ferneren Lebenserwartung“ zu koppeln – und den Anstieg der Bestandsrenten zu dämpfen, wie das Gremium der Wirtschaftssachverständigen in seinem Jahresgutachten 2024 schrieb. Besonders sollen die abschlagsfreien Altersbezüge für mindestens 45 Jahre lang Versicherte („Rente mit 63“) sowie die Mütter- und Witwenrente „kritisch hinterfragt werden“, heißt es in dem Gutachten weiter. Lesen Sie hier, wie hoch die Witwenrente ausfällt.