Bei der Rente muss sich grundlegend etwas ändern, um sie finanzierbar zu halten. Das immerhin ist seit der Kurzzeit-Rebellion der Jungen Gruppe gegen das Rentenpaket auch bei der Bundesregierung angekommen. Bisher lautete der Vorschlag von Ökonomen und Arbeitgebern allerdings meist: Rentenalter weiter anheben. Pauschal, für alle. Eine Idee, die in der Bevölkerung mehrheitlich durchfällt.

Der Vorschlag des Wirtschaftsprofessors Jens Südekum, den Renteneintritt stärker an die geleisteten Beitragsjahre statt an starre Altersgrenzen zu koppeln, bedeutet im Kern: Wer früher einzahlt, muss früher rausdürfen. Das dürfte nicht nur deutlich besser bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen, es wäre auch schlicht gerechter.

Wer in jungen Jahren ins Berufsleben startet, etwa im Handwerk, der Pflege oder der Industrie, schultert über Jahrzehnte die Hauptlast des Systems. Diese Menschen arbeiten oft körperlich hart, zahlen länger ein und sollen dennoch bis 67 oder gar 70 durchhalten?

Ja, die statistische Lebenserwartung steigt – aber vor allem bei denen, die in gut bezahlten Jobs arbeiten und erst ab Mitte 20 oder gar Anfang 30 ihren ersten sozialversicherungspflichtigen Job annehmen. Wer sich lange Jahre körperlich abrackert, lebt dagegen nicht unbedingt länger. Ein beitragsbezogener Renteneinstieg würde diesen unterschiedlichen Lebensrealitäten Rechnung tragen.

Sicher, als alleiniges Kriterium, um in Rente gehen zu dürfen, taugt die Mindestzahl an Beitragsjahren nicht. Man müsste auch neu definieren, was alles als Beitragsjahr gilt. Andernfalls würden künftig Millionen Menschen, die sich um die Familie gekümmert haben, statt einer Erwerbsarbeit nachzugehen, nur noch Grundsicherung beziehen können. Hier böte sich gleich die Chance, einmal grundlegend über eine bessere Anerkennung von Care-Arbeit nachzudenken.

Südekums Vorschlag ersetzt also nicht andere nötige Reformen. Aber er ist endlich ein Impuls, der die überfällige Neuordnung des Renteneintrittsalters möglich erscheinen lässt.

Share.
Exit mobile version