Europäische Aktien sind auf Rekordhöhen gestiegen und haben bei Anlegern Debatten darüber entfacht, ob sie angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten die Dynamik nutzen oder sich Gewinne sichern sollen.

Europäische Aktien erfreuen sich im Glanze rekordverdächtiger Höchststände, was die Anleger dazu veranlasst, darüber zu diskutieren, ob sie angesichts einer unsicheren Wirtschaftslage auf der Hut sein oder Vorsicht walten lassen sollen, um ihre Gewinne zu sichern.

Der Euro Stoxx 600 Index, der als Barometer für den europäischen Aktienmarkt dient und 600 Unternehmen unterschiedlicher Größe aus 17 europäischen Ländern umfasst, verzeichnete fünf Wochen in Folge Zuwächse und ist in 15 der letzten 17 Wochen gestiegen, was die optimistische Stimmung widerspiegelt auf dem US-Markt gesehen.

Trotz dieses bemerkenswerten Anstiegs spiegelt das aktuelle Niveau des Index einen bescheidenen Anstieg von 15 % gegenüber dem Niveau vor der Pandemie vor vier Jahren wider.

Auf Länderebene ist Griechenland mit einer Rendite von 9 % der stärkste Performer seit Jahresbeginn, während Polen mit starken 61 % die Rangliste der jährlichen Renditen anführt.

Die wichtigsten Börsenindizes der beiden größten europäischen Volkswirtschaften Frankreich und Deutschland, der CAC 40 bzw. der DAX 40, haben kürzlich neue Rekordhochs erreicht. Das Gleiche gilt für die Niederlande, Dänemark und Schweden.

Die Bewertungen sind nach wie vor weit entfernt von Warnsignalen

Trotz der jüngsten Rallye bleiben die Bewertungen des Euro Stoxx 600 innerhalb angemessener Grenzen, was die Ängste vor der hohen Kosten zerstreut und den Anlegern Sicherheit bietet.

Konkret liegt das Verhältnis von Kurs zu prognostiziertem Gewinn, eine entscheidende Kennzahl zur Feststellung, ob Anleger zukünftige Gewinne zu sehr erwartet haben, bei etwa dem 13-fachen des breiteren Marktmaßstabs.

Dieser Wert liegt geringfügig unter dem historischen Durchschnitt, was die Bedenken hinsichtlich der Marktüberschwänglichkeit mildert. In der Praxis deutet dies darauf hin, dass die Preise die zugrunde liegenden Fundamentaldaten nicht übertroffen haben, was ein positiver Indikator für optimistische Anleger ist.

Beurteilung der Risikoaussichten

Einige Marktbeobachter warnen jedoch davor, dass der aktuelle Überschwang an den Aktienmärkten möglicherweise nicht vollständig mit den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Realitäten übereinstimmt.

„Europäische Aktien werden in einem engen Sweet Spot gehandelt“, stellte Sebastian Raedler, Investmentstratege bei der Bank of America, kürzlich in einer Notiz fest.

Er sagte, dass die Wachstumsdaten zwar robust genug seien, um die Risikoprämien in der Nähe ihrer aktuellen Tiefststände zu halten, sie aber auch fragil genug seien, um die Einpreisung erheblicher Lockerungsmaßnahmen der Zentralbanken zu ermöglichen.

Raedler rechnet mit Störungen in der makroökonomischen Landschaft Europas aufgrund eines sich verlangsamenden Wachstums und eines kurzfristigen Anstiegs der Inflation.

Die Bank of America prognostiziert einen Rückgang des Stoxx 600 um 15 % auf ein Tief von 420 bis Oktober, zusammen mit einem um 10 % stärkeren Rückgang für zyklische Aktien im Vergleich zu defensiven.

Es bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich des stagnierenden Wirtschaftswachstums in der Eurozone, wobei jüngste Daten auf eine Stagnation im letzten Quartal hindeuten. Jüngste Aktualisierungen von Umfragen zur Aktivität des privaten Sektors deuten auf weiterhin düstere Aussichten hin, wobei die Gefahr einer Rezession weiterhin besteht.

Besonders besorgniserregend ist die Geschäftsstimmung im verarbeitenden Gewerbe, insbesondere in Deutschland, dem industriellen Kernland Europas.

Diese Bedenken könnten gemildert werden, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) beschließt, die Zinssätze zu senken. Allerdings hat die EZB angedeutet, dass es noch zu früh sei, über Zinssenkungen nachzudenken, wie aus dem Protokoll ihrer letzten Sitzung hervorgeht.

Am Montag wies EZB-Präsidentin Christine Lagarde darauf hin, dass sich der aktuelle Desinflationsprozess voraussichtlich fortsetzen wird, der Rat des Kreditgebers jedoch zuversichtlich sein muss, dass er nachhaltig zu seinem 2-Prozent-Ziel führen wird.

Investoren achten auch genau auf die Entwicklungen auf den Energiemärkten, da die Erholung der kontinentalen Aktien mit einer Phase niedrigerer Brent-Rohölpreise (unter 85 US-Dollar) und Erdgaspreisen zusammenfiel, die ihren niedrigsten Stand seit letztem Sommer erreichten mit ihren jeweiligen Werten im Sommer 2021.

Dennoch zeichnen sich erste Anzeichen einer aufkommenden Volatilität in diesen Märkten ab.

Während europäische Aktien derzeit Rekordhochs erleben, müssen Anleger sich in einer komplexen Landschaft wirtschaftlicher, geopolitischer und branchenspezifischer Risiken zurechtfinden.

Die aktuellen Bewertungen sind zwar nicht übermäßig hoch, erfordern jedoch eine sorgfältige Analyse des zukünftigen Ertragspotenzials und des makroökonomischen Umfelds.

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