Blasenschwäche ist weit verbreitet, doch niemand spricht gern darüber. Schon gar nicht im Zusammenhang mit Sex.
Viele scheuen sich, offen mit dem Partner über das Problem zu sprechen. So kann es schnell zu einer Entfremdung kommen.
Unfreiwilliger Urinverlust ist in einem gewissen Rahmen völlig normal und kommt sehr häufig bei Frauen vor. Dennoch sorgt das Thema bei vielen für Scham und kann zur emotionalen Dauerbelastung werden. Darunter leidet auch die Beziehung.
Die drei häufigsten Formen der Blasenschwäche sind Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz und Mischinkontinenz (eine Mischung aus Belastungs- und Dranginkontinenz). Während bei der Belastungsinkontinenz Druck auf dem Bauchraum zum Urinverlust führt, wie er beim Lachen, Niesen, Husten oder schweren Heben entsteht, ist es bei der Dranginkontinenz eine Überreizung der Blase. Obwohl sie kaum gefüllt ist, signalisiert sie „voll“ und reagiert mit so extremem Harndrang, dass Betroffene es oftmals nicht mehr rechtzeitig zur Toilette schaffen. Blasenschwäche ist vor allem bei Frauen ein Thema. Besonders häufig ist die Belastungsinkontinenz.
„Das liegt nicht nur an den anatomischen Gegebenheiten, sondern auch an hormonellen Einflussfaktoren, schwachem Bindegewebe, überdehnten Bändern, einer schwachen Harnröhrenfunktion sowie einem geschwächten Beckenboden“, erklärt Prof. Ursula Peschers, Koordinatorin des Bayerischen Beckenbodenzentrums im Isarklinikum München und Mitglied im Expertenrat der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V. „Aus diesem Grund ist Blasenschwäche bei jungen Frauen oft die Folge von Schwangerschaften und Geburten und bei älteren Frauen häufig Begleiter der Wechseljahre.“
Frauen mit einer Harninkontinenz verlieren nicht nur im Alltag oft ungewollt Harn, sondern auch beim Geschlechtsverkehr. Das hat verschiedene Ursachen. Beim Sex wird die Blase auf vielfache Weise gereizt, was bei einer bestehenden Harninkontinenz den ungewollten Harnverlust verstärken kann. Bei einer Belastungsinkontinenz ist es der Druck, der durch die Penetration auf die Harnröhre und die Blase ausgeübt wird, welcher den unwillkürlichen Harnverlust auslöst.
„Bei bestehender Belastungsinkontinenz ist es bei einer weniger stark ausgeprägten Form meist etwa ein Teelöffel voll – was der Partner oftmals gar nicht bemerkt“, erklärt Peschers. „Bei der Dranginkontinenz hingegen kann durch die zusätzliche Reizung von Harnröhre und Blase Harn schwallartig in größeren Mengen abgehen. Besonders oft kommt es aufgrund der Kontraktionen und der entspannten Blasenmuskulatur beim Orgasmus zum Harnverlust. Mediziner sprechen von koitaler Inkontinenz. Studien zufolge verlieren 10 bis 50 Prozent der Frauen, die eine Harninkontinenz haben, Urin beim Verkehr.“
Frauen, aber auch Männer, die unwillkürlichen Harnverlust bemerken, sollten sich nicht scheuen, Kontakt zu einem Arzt aufzunehmen. „Dies kann ebenso der Gynäkologe oder der Urologe sein wie spezielle Ärztliche Beratungsstellen sowie Kontinenz- und Beckenboden-Zentren. Über die Suche der Deutschen Kontinenz Gesellschaft können Betroffene nach Angeboten in der Nähe suchen“, sagt die Frauenärztin. „In der Regel kann den betroffenen Frauen geholfen werden.“
Ebenso hilfreich kann es sein, das Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin zu suchen. Der erste Weg, aus dem Tabu ein offenes Thema zu machen, ist Kommunikation. Je offener beide generell über Intimes und Sexualität sprechen können, je leichter können auch mögliche Gespräche über die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Harninkontinenz fallen sowie die gemeinsame Gestaltung der Sexualität mit Inkontinenz.
Es gibt spezielle feuchtigkeitsabweisende Auflagen, welche die Matratze schützen, sollte beim Sex Harn verloren gehen. Die Auflagen gibt es in verschiedene Größen und sie lassen sich unkompliziert waschen und wiederverwenden. So können sich beide beim Sex entspannen und müssen keine Sorge haben, dass Harn auf die Matratze gelangt. Männer mit leichter Blasenschwäche können, wenn sie das möchten, ein Kondom verwenden, um die Tropfen aufzufangen. „Geht nur wenig Harn verloren, kann das Paar beim Sex auch ein dickeres Handtuch unterlegen, das anschließend gewaschen werden kann“, rät Peschers.