Ich hatte auf dem Taylor-Swift-Konzert ein Rammstein-T-Shirt an, weil ich dachte, das ist einfach lustig.


Oliver Pocher


Der Einzige, der diesen Kontrast nicht erkennt, ist Oliver Pocher. Statt zu seiner Provokation zu stehen, zu sagen, „Klar war das ein Affront, aber es macht nun mal Spaß, euch ins Bockshorn zu jagen und anschließend durch den Shitstorm zu hechten“, tut er so, als sei gar nichts gewesen. Nachdem deutschlandweit Medien berichtet hatten, Pocher in den Twittertrends gelandet war, behauptet dieser nun in seinem Podcast: „Ich hatte auf dem Taylor-Swift-Konzert ein Rammstein-T-Shirt an, weil ich dachte, das ist einfach lustig. Kann man mal machen.“

Also nicht nur provokant, sondern heuchlerisch. Ist das die neue Methode Pocher? „Sei schlau, stell dich dumm“ als Form der Midlife-Crisis-Bewältigung? Frei nach dem vorgegaukelten Motto: Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß?

Pocher hat in der Comedy schon immer Grenzen ausgelotet und überschritten. So funktionierte seine Karriere. Doch zuletzt hat der 46-Jährige immer wieder nach unten getreten, andere bloßgestellt. So wie im Mai in Stuttgart, als er eine Frau vor Publikum wegen ihrer Jungfräulichkeit verspottete – und sich der übertragende Sender SWR von ihm distanzierte. Auffallend oft sind Frauen Ziel seiner Verbalattacken.

Das Perfide ist: Pocher weiß, wie die Aufmerksamkeitsökonomie funktioniert – und vor allem ist er intelligent genug, sich der Folgen seiner Taten bewusst zu sein. Als er sich das Shirt überzog und die Arena in Gelsenkirchen betrat, wollte er auffallen, anecken und Reaktionen provozieren. Schlagzeilen nimmt er gerne in Kauf. Sie sind die Währung seiner Aufmerksamkeitsökonomie.

Um das einmal klar zu sagen: Oliver Pocher ist nicht auf den Kopf gefallen – im Gegenteil. Er war 2008 der erste Promi bei Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“-Quizshow, der die Million gewann, und er zeigt mit seiner Rhetorik und seinem Hintergrundwissen immer wieder, dass er gebildet ist.

Umso trauriger ist, was er daraus macht. Wie er Menschen mit seinen Aktionen vor den Kopf stößt, verletzt und anschließend das Unschuldslamm spielt. Oder es ist schlau – und die vielleicht „blondeste Medienkarriere des Jahres“?

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