Im neuen Fall aus Rostock wird eine Familie von totgeglaubten Dämonen aus der Vergangenheit eingeholt. Auch Kommissarin Katrin König muss sich mit Traumata ihrer Kindheit auseinandersetzen.

„Polizeiruf 110: Nur Gespenster“: Der dritte gemeinsame Fall der Kommissarinnen Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Melly Böwe (Lina Beckmann) führt sie nicht nur in die Rostocker Kiffer- und Sado-Maso-Szene, sondern auch in die Abgründe einer zerbrochenen Familie.

König und Böwe müssen an einen außergewöhnlichen Tatort eilen: Der Arzt und Schönheitschirurg Kai Wülker wurde in seinem mondänen Domizil gefesselt und geknebelt in seinem eigenen Blut aufgefunden. Wie eine erste Begutachtung der Leiche ergibt, setzte man ihn vor seiner Ermordung noch einer „Folter vom Allerfeinsten“ aus, bei der ihm der Täter unter anderem Fingernägel zog und Brandwunden zufügte. Auf den ersten Blick handelt es sich bei der blutrünstigen Gräueltat um einen hochemotionalen Racheakt. Da in der Wohnung des Opfers jedoch ein ganzes Arsenal an Sado-Maso-Spielzeug gefunden wird, steht für einen Moment auch die These im Raum, dass es sich bei der Tat um eine aus dem Ruder gelaufene Sado-Maso-Session handeln könnte.

Während König und Böwe noch das Umfeld des Schönheitschirurgen und einen lokalen Sado-Maso-Club durchleuchten, bekommt der Fall eine völlig neue Wendung: Am Tatort gefundene Haare konnten per DNA-Analyse einem vor 15 Jahren verschwundenen und mittlerweile offiziell für tot erklärten Teenager namens Jessica Sonntag zugeordnet werden. Da es sich nachweislich im frische DNA handelt, wird der im Archiv eingelagerte Cold Case auf einen Schlag wieder zum heißen Fall. Allem Anschein nach lebt die Verschwundene noch – und könnte für einen mysteriösen Rachefeldzug aus der Vergangenheit zurückgekehrt sein.

Die Ermittlungen fokussieren sich nun auf die Familie von Jessica Sonntag, die sich seit ihrem Verschwinden allerdings gründlich in ihre versprengten Einzelteile zerlegt hat. Die Mutter Evelyn Sonntag (Judith Engel), eine biedere und unscheinbare Frau, die ihr einsames Leben mit ehrenamtlicher Arbeit bei der Telefonseelsorge aufzufüllen versucht, hat die Hoffnung auf eine Rückkehr ihrer Tochter nie aufgegeben und diese Hoffnung zum zentralen Inhalt ihres Daseins erkoren.

Vermisstenfall entzweite Familie

Für ihren Sohn Henrik (Adrian Grünewald) war in diesem Überlebensmodus offensichtlich nur noch so wenig Platz und mütterliche Emotion verfügbar, dass sie ihn nach dem Verschwinden der Tochter eiskalt zu seiner Tante nach München abschob. Vater Robert Sonntag (Holger Daemgen), der eine Autowerkstatt für Oldtimer betreibt, möchte die ganze Geschichte hingegen am liebsten endgültig hinter sich lassen und begegnet den wiederaufgenommenen Ermittlungen mit einiger Nervosität und demonstrativer Skepsis.

Dass Mutter Sonntag den Ermittlerinnen vermeintliche Anrufe ihrer totgeglaubten Tochter bei der Telefonseelsorgestelle zunächst nicht erwähnt, lässt die Frau in einem neuen Licht erscheinen und legt den Verdacht nahe, dass sie etwas zu verbergen hat. Auch Michelle Carstensen (Senita Huskić), die einstige Jugendfreundin Jessicas, gibt sich zunächst wenig auskunftsfreudig. Die vergangenen 15 Jahre hat sie weiterhin in dem ranzig-alternativen Drogenmilieu verbracht, in das sich seinerzeit auch die Verschwundene vor ihrer Familie flüchtete.

Erst nach mehreren Besuchen in Michelles schräger Kiffer-WG gelingt es den Kommissarinnen, ihr einen entscheidenden Hinweis zu entlocken, der die Ermittlungen nochmals auf den Kopf stellt und sie zu einer nervenzerreißenden Verbrecherjagd macht, bei der es um Leben und Tod geht.

Zu allem Überfluss muss Kommissarin König dabei gleichzeitig an zwei emotionsgeladenen Fronten kämpfen: Nach vielen Jahrzehnten taucht plötzlich ihr eigener Vater wieder auf, der sie bei der gemeinsamen Republikflucht ihrer Eltern aus der damaligen DDR als Kind einfach allein zurückließ.

Lohnt sich das Einschalten?

Ja. Allerdings ergeben sich die interessanten Aspekte dieser Polizeiruf-Folge nicht vorrangig aus der zunächst maximal spektakulär eröffneten Mordfallgeschichte, die sich dann jedoch im weiteren Verlauf allzu sehr in statischen Ermittlungsdialogen der Kommissarinnen mit den unterschiedlichen Mitgliedern der zerbrochenen Familie Sonntag und sonstigen Verdächtigen erschöpft.

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