Teleskopaufnahmen ausgewertet
Polarstern: Forscher machen erstaunliche Entdeckungen
22.08.2024 – 14:54 UhrLesedauer: 3 Min.
Der Polarstern ist 450 Lichtjahre von der Erde entfernt. Trotzdem konnten Forscher jetzt einen Blick auf dessen Oberfläche werfen – und entdeckten Erstaunliches.
Er ist der wohl einer der bekanntesten Sterne in der Menschheitsgeschichte: der Polarstern, auch Polaris genannt. Aufgrund seiner festen Lage über dem Nordpol und der relativen Helligkeit gilt er seit jeher als verlässlicher Orientierungspunkt für Seefahrer und Wanderer auf der Nordhalbkugel der Erde.
Aufgrund der großen Distanz zur Erde – rund 450 Millionen Lichtjahre ist der Polarstern entfernt – war über den Himmelskörper lange Zeit wenig bekannt. Erst 1780 wurde ein Begleitstern entdeckt – sodass Astronomen lange Zeit davon ausgingen, dass es sich um ein Doppelsternsystem handele.
Bis zum Jahr 2006, als die nächste Überraschung folgte: Auf Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops zeigte sich, dass der Polarstern selbst ein Doppelstern ist – bestehend aus dem hell leuchtenden Polaris Aa und dem schwach leuchtenden Stern Polaris Ab. Letzterer umrundet seinen Hauptstern Polaris Aa etwa alle 30 Jahre einmal. Der 1780 entdeckte Begleiter wird nun als Polaris B bezeichnet.
Jetzt hat ein Forscherteam unter Leitung der Astrophysikerin Nancy Remage Evans vom Harvard-Smithsonian Astrophysical Observatory ein weiteres bisher unbekanntes Detail entdeckt. Mithilfe des CHARA-Teleskopverbundes in Kalifornien konnten die Wissenschaftler einen Blick auf die Oberfläche von Polaris Aa werfen.
Auf den Bildern waren Flecken zu erkennen, die sich im Laufe der Zeit veränderten, schreiben die Forscher in ihrer auf der Wissenschaftsplattform „IOPscience“ veröffentlichten Studie. Auf allen von CHARA gemachten Bildern von Polaris Aa seien die Flecken auf dessen Oberfläche zu sehen, die denen auf unserer Sonne ähneln.
Da es sich bei den Flecken auch um Bildartefakte handeln könne, die beim Zusammenfügen der Aufnahmen etwa durch fehlende Daten entstanden sind, verglichen die Forscher die Bilder mit denen von simulierten Modellen. Dort wiesen die Flecken aber einen geringeren Kontrast auf als die der echten Aufnahmen.
Außerdem glichen die echten Flecken nicht dem symmetrischen Muster der simulierten, sodass die Forscher zu dem Ergebnis kamen, dass es sich bei den Flecken auf den von CHARA gemachten Bilder um echte Sonnenflecken handeln muss.
Bei Polaris Aa handelt es sich um einen sogenannten Cepheiden. Das ist eine Bezeichnung für einen sogenannten veränderlichen Stern, der durch regelmäßige Helligkeitsschwankungen auffällt. Diese Schwankungen entstehen durch pulsierende Änderungen im Durchmesser des Sterns. Wenn der Stern sich zusammenzieht, wird er heißer und leuchtet heller, dehnt er sich aus, kühlt er ab und leuchtet weniger.
Durch diese Helligkeitsschwankungen sind Cepheiden von großer astronomischer Bedeutung, da sich damit und mit der scheinbaren Helligkeit des Sterns von der Erde aus die Entfernung eines Himmelskörpers berechnen lässt. Das wiederum hilft Astronomen, die Entfernungen von ganzen Sternensystemen in unserer Galaxie und in anderen Galaxien zu berechnen.
Polaris Aa pulsiert mit einer Periode von etwa vier Tagen, andere Cepheide haben eine etwas längerer Pulsationsperiode von bis zu 100 Tagen. Im Vergleich zu unserer Sonne hat der Polarstern eine etwa 5,13-mal größere Masse – eine weitere Erkenntnis der Forscher um Remage Evans. Damit ist der Polarstern massereicher als bislang angenommen. Außerdem hat er einen etwa 46-mal größeren Durchmesser als unsere Sonne.
„Die Masse in Kombination mit der Entfernung zeigt, dass der Cepheid leuchtkräftiger ist, als für diese Masse aufgrund von bisherigen Erkenntnissen erwartet“, so die Forscher. Deshalb wolle das Team den Polarstern weiter untersuchen. Auch, um besser zu verstehen, wie die Flecken auf dessen Oberfläche erzeugt werden.