Parolin selbst war zwölf Jahre lang diese Nummer zwei. Nun habe er sein Amt einem Mann versprochen, der ihm die Stimmen der konservativen Kardinäle bescheren könnte: Péter Erdő, ungarischer Kardinal, 71 Jahre alt, Jurist, Ratzinger-Schüler. Ein Mann der Stille, nicht der Schlagzeilen. Kein Reformer, kein Unruhestifter, aber ein Signal an Konservative in Osteuropa, Afrika und sogar in Teilen Deutschlands, wo viele den vatikanischen Synodenkurs skeptisch sehen.
Seine Nähe zu Parolin ist unbestritten. Er kennt den Betrieb. Dass sein Name nun sogar auf X dementiert werden musste – von niemand Geringerem als Ungarns Vatikan-Botschafter Eduard Habsburg –, zeige, wie heiß die Spur ist, schreibt die italienische Zeitung „Il Tempo“.
Das Kalkül sei: Parolin bringt Erfahrung, Erdő die Balance. Gemeinsam könnten sie eine Brücke schlagen zwischen den verfeindeten Lagern der Reformer und Konservativen – und das Konklave für sich entscheiden. Denn: Gewählt wird nicht der Hoffnungsträger, sondern der Kompromiss. Nicht der Strahlemann – sondern der Garant für Ruhe.
Ob es solch einen Deal gibt, kann man nicht mit Gewissheit sagen. Doch aus Sicht des Vatikanexperten Nino Galetti ist die Idee nicht abwegig: „In einem Kollegium, in dem keine der großen Gruppen – weder die Reformer noch die Konservativen – eine eigene Mehrheit hat, könnte ein Konsenskandidat eine Lösung darstellen. Und das geht meist nur über strategische Bündnisse“, erklärte er im Gespräch mit t-online.
Ein solches Bündnis, etwa zwischen dem kurial erfahrenen Parolin und dem unaufgeregten Erdő, könnte die entscheidenden Stimmen aus mehreren Lagern zusammenführen.
Ob es tatsächlich schon eine solche Allianz gibt? Unklar. „Die meisten Kardinäle reden offiziell nur über Profile und Herausforderungen, nicht über Namen – aus Respekt und Strategie. Doch nach dem ersten Wahlgang, beginnt das eigentliche Spiel“, so Galetti, der seit 2020 das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom leitet.
„In Rom – und besonders im Vatikan – brodelt die Gerüchteküche schnell. Schon wenn zwei Kardinäle gemeinsam spazieren gehen, entsteht daraus rasch ein neues Narrativ“, warnt er. Man sollte Gerüchte daher nicht überbewerten. „Letztlich zählt, was am Ende wirklich Sinn ergibt. Alles andere bleibt Spekulation.“ Denn ein Konklave sei ein abgeschotteter, streng geheimer Prozess. „Was sich hinter den Mauern tatsächlich abspielt, werden wir vielleicht irgendwann erfahren – aber sicher nicht, während es noch läuft.“