Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen ein
In dieser Polizeizelle verbrannte ein Asylsuchender
Aktualisiert am 07.01.2025 – 23:26 UhrLesedauer: 2 Min.
Vor 20 Jahren wurden Oury Jalloh tot in einer Polizeizelle entdeckt. Er soll sich selbst angezündet haben. Angehörige und Initiativen hegen Zweifel.
Mehrere Hundert Menschen haben am Dienstag in Dessau (Sachsen-Anhalt) an den Feuertod von Oury Jalloh vor 20 Jahren erinnert. Laut einer Polizeisprecherin versammelten sich die Teilnehmer zu einer Kundgebung und einem anschließenden Aufzug in der Stadt. Die Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh hatte zu der jährlichen Demonstration aufgerufen.
Jalloh war am 7. Januar 2005 verbrannt in einer Zelle des Polizeireviers Dessau gefunden worden. Wie das Feuer ausbrach, ist bisher nicht geklärt. Jalloh lag in der Zelle an Händen und Füßen gefesselt auf einer Matratze. Zuvor wurde er verhaftet, weil er Frauen belästigt und Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet haben soll, berichtete der MDR. Das Landgericht Magdeburg verurteilte 2012 den damaligen Dienstleiter wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe, weil er die Zelle besser hätte überwachen müssen.
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil im Jahr 2014. Die Gerichte gingen davon aus, dass Jalloh, ein Asylbewerber aus Sierra Leone, die Matratze selbst angezündet hatte. Während des Verfahrens gab es jedoch immer wieder Zweifel an dieser Darstellung, auch von Angehörigen und verschiedenen Initiativen.
Dennoch wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Herbst 2017 eingestellt. Der Grund: Es sei keine Aufklärung zu erwarten. Das Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Naumburg lehnte im Oktober 2019 eine Beschwerde zur Wiederaufnahme der Ermittlungen ab. Eine Beschwerde des Bruders von Jalloh dagegen wies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe 2023 ab. Sie kamen zum gleichen Ergebnis wie zwei Sonderermittler, die 2018 vom Rechtsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt eingesetzt wurden. Zwar habe es bei Justiz und Polizei Rassismus, Fehler und Versäumnisse gegeben, neue Ermittlungsansätze habe es jedoch nicht gegeben.
Reichlich Kritik an den Behörden äußerte Mouctar Bah, Freund des Opfers, und Nebenkläger vor Gericht. Er hatte eine zweite Autopsie veranlasst. Laut dem Rechtsmediziner Hansjürgen Bratzke wurde dabei ein Nasenbeinbruch festgestellt. Die Verletzung komme in der Regel durch Gewalt zustande, so der MDR.
Kritik an dem Tod von Oury Jalloh wies dagegen der leitende Polizeibeamte Hanno Schulz zurück. Er war 2005 Leiter des Revierkriminaldienstes in Dessau. Die Fragen vor Gericht an die Dessauer Polizisten seien voreingenommen gewesen. Vor allem Bah habe sehr provozierende Fragen gestellt. Dies habe zu einer „Mauer des Schweigens geführt“, so Schulz weiter.