Während der Ampel in Brandenburg eine wichtige Wahl bevorsteht, reist der Kanzler an diesem Samstag drei Tage lang nach New York. Warum?

Ein bisschen erinnert es an Angela Merkel in der Endphase ihrer Kanzlerschaft. Während im eigenen Land die Krisen schwelen oder Landtagswahlen anstehen, begibt man sich selbst auf internationales politisches Parkett. Versucht dort, die großen globalen Probleme zu lösen. Die Botschaft, die dabei immer ein wenig mitschwingt, sie lautet: Macht was ihr wollt, ich bin dann mal weg.

Auch Olaf Scholz (SPD) ist am Sonntag im Ausland, wenn in seinem Wohnort Brandenburg ein neuer Landtag gewählt wird. Der Kanzler reist ab Samstagnachmittag für drei Tage nach New York, um am „Zukunftsgipfel“ der Vereinten Nationen (UN) teilzunehmen. Dabei sollen in einem Pakt Weichen für die kommenden Jahre gestellt und der Multilateralismus neu belebt werden. Ein wichtiges Treffen, bei dem die Anwesenheit Deutschlands gewiss von Bedeutung ist. Allerdings könnte auch die Wahl in Brandenburg für die Zukunft entscheidend sein. Zumindest für die der Ampel – und folglich des Kanzlers.

Denn Stand jetzt droht die AfD die Wahl zu gewinnen. Für die SPD, die in Brandenburg seit der Wende die Regierung anführt, wäre das eine Zäsur. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hat bereits angekündigt, für die Bildung einer neuen Regierung dann nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Zumal schon die bisherigen Wahlen, etwa in Sachsen und Thüringen, kein Gewinn für die Ampel waren. Wäre es für den Kanzler in so schwierigen Zeiten nicht besser, vor Ort zu sein – allein aus symbolischen Gründen? Und was kann von dem Gipfeltreffen tatsächlich erwartet werden?

Über zwei Tage sollen die Staats- und Regierungschefs an dem UN-Hauptsitz in New York zusammenkommen, um einen sogenannten „Pakt für die Zukunft“ zu erarbeiten. Denn nicht nur beim Thema Klimaschutz ist in den vergangenen Jahren einmal mehr klar geworden, dass grenzüberschreitende Probleme nicht wirklich allein gelöst werden können. Sowohl die Corona-Krise als auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben unterstrichen, wie wichtig der Zusammenhalt internationaler Partner ist. Vor allem um die Lage der Ukraine, aber auch um die eskalierte Situation im Nahen Osten soll es in den kommenden Tagen gehen.

Zudem will man in einem „Zukunftspakt“ rund 50 operative Beschlüsse und Empfehlungen für die UN-Mitgliedstaaten zusammenfassen. Deutschland hat hier gemeinsam mit Namibia die Verantwortung für die Führung des gesamten Prozesses übernommen. Es soll unter anderem um Fragen zu nachhaltiger Entwicklung und Entwicklungsfinanzierung gehen; um Frieden und internationale Sicherheit; Wissenschaft, Technologie und Innovation und digitale Zusammenarbeit.

Auch die Jugend und künftige Generationen sollen eine Rolle spielen. Und nicht zuletzt die Reform des UN-Systems. Das Problem: Wirklich bindend sind die Vereinbarungen, die auf dem Gipfel getroffen werden, für die teilnehmenden Staaten danach nicht. Vielmehr dürfte es hier um die Symbolkraft und den Willen zu Kompromissen gehen.

Außerdem können während der Reise eine Fülle von bilateralen Gesprächen mit internationalen Partnern geführt werden. Scholz soll unter anderem den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan treffen.

Eigentlich hat der SPD-Spitzenkandidat und amtierende Ministerpräsident Dietmar Woidke schon deutlich gemacht, was er von Scholz‘ Unterstützung im Wahlkampf hält: gar nichts. In einem Interview mit t-online sagte Woidke zuletzt: „Wir sind es gewohnt, keinen Rückenwind aus Berlin zu bekommen. Im Gegenteil mussten wir Brandenburg immer aus eigener Kraft gewinnen.“ Er wolle den Menschen klarmachen: Es gehe um Brandenburg. Nicht um Berlin. Und auch nicht um Scholz.

Während die CDU sich mal wieder an einem „Ampel abwählen“-Wahlkampf probiert hat, ist es Woidke gelungen, seine Landes- von der Bundesregierung zu trennen.

Hinzu kommt, dass das Ultimatum, das der SPD-Politiker den Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg gemacht hat, durchaus zu wirken scheint. Zuletzt hat die SPD in den Umfragen noch mal zugelegt. Auch wenn sie immer noch knapp hinter der AfD liegt.

Für die SPD steht bei der Brandenburg-Wahl viel auf dem Spiel. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/dpa-bilder)

Wie von Woidke gewünscht, hat Scholz im Wahlkampf bislang also kaum eine Rolle gespielt. Womöglich tut er seinem Spitzenkandidaten sogar einen Gefallen damit, dass er über den Wahltag verreist ist. So wirklich ausrichten kann er ohnehin nichts. Nur, sollte die Wahl in Brandenburg schlecht ausgehen, dürften die innenpolitischen Krisen bei der Rückkehr des Kanzlers am Dienstag schon wieder warten.

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