Olaf Scholz will es nach dem Ampel-Aus noch einmal als Kanzlerkandidat für die SPD versuchen. Die Kampagne steht – aber überzeugt sie auch?

Wer Olaf Scholz in den vergangenen Tagen zuhörte, der konnte sich ein Bild davon machen, wie die Wahlkampfstrategie des SPD-Politikers für die bevorstehende Bundestagswahl aussehen könnte. Etwa, als er bei der Regierungserklärung am Mittwoch betonte, dass Deutschland künftig seine Aufgabe zu erfüllen habe. Es müsse weiter mehr für Verteidigung ausgegeben werden. Die Koordination in der Nato wolle man verbessern und den Fokus auf Landesverteidigung legen – „für unsere Sicherheit und für die Sicherheit Europas“, sagte Scholz da sehr bewusst noch einmal.

Er betonte auch: Es könne nicht sein, „dass die Unterstützung der Ukraine dazu führt, dass es zu Einschnitten bei Rente, Pflege und Gesundheit kommt.“ Scholz sagte, er wolle äußere und innere, wirtschaftliche und soziale Sicherheit erhalten. Die Bürgerinnen und Bürger würden im Februar auch darüber entscheiden, „ob wir unser Land zusammenhalten oder ob wir es spalten“, so der Kanzler.

Sicherheit und Zusammenhalt – so lauten also die beiden Kernthemen der Kampagne von Olaf Scholz. Aber ist diese auch glaubwürdig?

Für Scholz sind es keine leichten Tage. Seit dem Ampel-Aus kämpft der mit seiner Koalition gescheiterte Kanzler ums politische Überleben. Für den SPD-Politiker ist schon jetzt klar: Verliert er die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar, ist er weg. Und bislang sieht es nicht gerade gut aus. In den Umfragen liegt die SPD nun schon eine ganze Weile weit hinter der Union. Teilweise ist sie nicht einmal mehr halb so stark.

Scholz’ Persönlichkeitswerte sehen sogar noch schlechter aus. Das, wovon die SPD gehofft hatte, es könne die Schwachstelle der Union mit Friedrich Merz sein, tritt jetzt für den eigenen Kandidaten ein. Während sich laut einer Civey-Umfrage eine klare Mehrheit den CDU-Vorsitzenden als nächsten Regierungschef wünscht (52 Prozent), entscheiden sich gerade mal 25 Prozent für den Sozialdemokraten.

(v.l.) Christian Lindner, Robert Habeck, Olaf Scholz: Das war’s mit der Ampel. (Quelle: Frederic Kern/imago-images-bilder)

Nun versucht Scholz, weiter Gelassenheit auszustrahlen. Immer wieder erinnert er an die vergangene Wahl, auch da habe die Union zunächst weit vor der SPD gelegen, aber am Ende habe er das Ruder noch einmal herumgerissen. Das Problem: Damals kannten die Deutschen Scholz noch nicht als Kanzler. Jetzt schon. Seine Erzählung für den Wahlkampf erleichtert das nicht. Und dann ist da auch noch ein zweiter Kandidat bei den Sozialdemokraten.

Beim letzten Mal haben Scholz und seine SPD Wahlkampf mit dem Thema „Respekt“ gemacht. Mindestlohn, stabile Renten – das ist leicht zu verstehen und hat gut funktioniert. Während bei CDU und CSU bis zuletzt inhaltliche Orientierungslosigkeit herrschte, machten die Sozialdemokraten damit früh ein klares Angebot. Auch dieses Mal will Scholz die Themen schon setzen, während die Union noch bei den Demoskopen nachfragt.

Dieses Mal geht Scholz einen Schritt weiter: Die Schlagworte lauten nun „Sicherheit“ und „Zusammenhalt“. Der Kanzler versteht darunter eine dreifache Garantie: soziale Sicherheit, innere sowie äußere Sicherheit.

Scholz will damit auf einen Diskurs reagieren, der vor allem von den Populisten in die öffentliche Debatte eingespeist wurde. Parteien wie die AfD oder das BSW würden Fragen der äußeren Sicherheit wie die Ukraine-Unterstützung gegen soziale Themen ausspielen, so die Analyse des Kanzlers. Zahlreiche Äußerungen aus dem BSW- und AfD-Umfeld scheinen dem Kanzler recht zu geben. BSW-Politiker Klaus Ernst sagte vor Kurzem etwa: „Wir buttern Geld in die Ukraine, dass es der Ukraine langsam zu den Ohren rauskommt.“ Ernst spielte offenbar auf die Sorgen von Bürgern an, die fürchten, sie könnten durch die Ukraine-Hilfe benachteiligt werden.

Gegen ein solches „Nullsummendenken“, wie es Scholz einmal nannte, setzt der Kanzler die Erzählung von Zusammenhalt: Die Menschen in Deutschland müssten sich nicht zwischen einem Leben in Würde, innerer Sicherheit oder dem Schutz vor einem aggressiven Russland entscheiden, sondern könnten alle drei Dinge haben. Das ist die Botschaft hinter „Zusammenhalt“. Niemand soll denken, dass er verzichten muss, weil Deutschland der Ukraine hilft. Allerdings hat diese Strategie eine Tücke: Die zentrale Voraussetzung dafür ist eine Reform der Schuldenbremse. Denn nur mit mehr staatlichen Krediten kann der Kanzler seine umfangreichen Versprechen finanzieren.

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