Kratzen bis ins hohe Alter?
Neurodermitis: Entscheidend ist der erste Ausbruch
dpa, t-online, Tobias Hanraths
Aktualisiert am 07.09.2024 – 07:50 UhrLesedauer: 3 Min.
Von wegen Kinderkrankheit: In der Regel tritt Neurodermitis zwar im Baby- oder Kitaalter auf – doch auch Erwachsene können damit quälende Erstbekanntschaft machen.
Etwa 15 Prozent aller Kinder haben im Verlauf ihres Lebens mit Neurodermitis zu tun. Das ist die schlechte Nachricht. Doch es gibt auch eine gute: Meistens geht die Krankheit wieder. Es gibt allerdings auch Betroffene, die ein Leben lang mit ihr zu tun haben. Und sogar Erwachsene, die sehr spät zum ersten Mal Neurodermitis bekommen.
Entscheidend für die Länge einer Neurodermitis-Erkrankung ist unter anderem, wann die Hautkrankheit zum ersten Mal auftritt. Als Faustregel gilt: je jünger, desto kürzer. So hat etwa die Hälfte der Kinder, die im ersten Lebensjahr eine Neurodermitis entwickelt, die Krankheit nach drei Jahren überstanden. Das erklärt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Bei etwas älteren Kindern dauert es in der Regel länger, bis die Krankheit wieder verschwunden ist – bei der großen Mehrheit dann auch für immer.
Doch es gibt Neurodermitis-Patienten, die das lästige Kratzen nie ganz loswerden – oder bei denen es nach langer Pause plötzlich zurückkehrt. „Das hat nichts mit dem Umgang mit der Krankheit zu tun, das ist einfach Pech“, sagt der Münchner Hautarzt Christoph Liebich vom Berufsverband Deutscher Dermatologen (BVDD).
Ähnlich wie bei vielen sogenannten Kinderkrankheiten ist eine Erwachsenen-Neurodermitis oft eine besonders schwere Variante der Krankheit. Darauf weist die Deutsche Haut- und Allergiehilfe (DHA) hin: Oft seien große Hautareale gerötet, mit sehr starkem Juckreiz. In vielen Fällen verläuft Erwachsenen-Neurodermitis zudem in Phasen, so gesundheitsinformation.de – mal ist sie stärker, mal schwächer.
Die Ursachen einer Neurodermitis im Erwachsenenalter sind laut DHA noch unklar. In Frage kommen zum Beispiel hormonelle Umstellungen im Alter oder die abnehmende Barrierefunktion der Haut. Studien zeigen auch einen Zusammenhang mit einer jahrelangen Belastung durch Schadstoffe in der Luft – gerade da, wo es weder in der Verwandtschaft noch bei den Patienten selbst eine Neurodermitis-Vorgeschichte gibt.
Auch wenn ein richtiger Umgang mit der Krankheit Neurodermitis nicht heilen oder stoppen kann, ist er natürlich wichtig – allein schon, um die Belastung in Grenzen zu halten. „Wer einen guten Umgang mit der Krankheit gelernt hat, kommt besser zurecht und kann Schübe besser abfangen“, sagt Hautarzt Liebich.
Dr. Christoph Liebich ist Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in München und Medienexperte des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen e. V.
Im Idealfall lassen sich Schübe sogar ganz verhindern – etwa, indem man ihre typischen Auslöser konsequent bekämpft. Einer davon ist Stress. Was dagegen hilft, müsse aber jeder selbst wissen: „Das ist sehr individuell – wer mit Meditation nichts anfangen kann, kommt vielleicht mit Yoga oder Sport generell besser zurecht“, erklärt Liebich.
Generell gehört zu einem guten Umgang mit Neurodermitis, die Krankheit zu kennen und auf typische Probleme vorbereitet zu sein – Allergien etwa. „Grundsätzlich geht Neurodermitis nicht mit Allergien einher, Betroffene haben aber ein höheres Allergiepotenzial“, sagt Liebich. Zudem haben Patienten oft mehr mit Hautproblemen zu kämpfen, die alle Menschen haben, so der Experte: „Trockene Haut im Winter zum Beispiel.“
Hautpflege generell ist bei Neurodermitis ohnehin ein wichtiges Thema. Wenn die Neurodermitis im Erwachsenenalter zurückkehrt oder zuerst auftritt, kann das eine Umstellung der Routine bedeuten, rät die DHA – etwa, weil sich Betroffene mehr und anders eincremen müssen oder die Lieblings-Bodylotion plötzlich eher schadet als nützt.
Welche Pflege die richtige ist, und welche Medikamente und sonstigen Gegenmaßnahmen noch sinnvoll sind, weiß im Zweifelsfall der Arzt. Gerade Erwachsene müssen oft erst lernen, diese Hilfsmittel dann auch zu nutzen, sagt Liebich: „Wichtig ist, erste Anzeichen von Schüben sofort zu bekämpfen, indem man zum Beispiel die verschriebenen Medikamente anwendet – und nicht zu denken, dass das von alleine wieder verschwindet.“