Höckes ehemaliger Büroleiter zieht in den Bundestag ein – und stellt als Mitarbeiter einen ehemaligen Neonazi und Vordenker der Neuen Rechten ein. Nur ein Beispiel dafür, wie sehr die AfD das Parlament nutzt, um Rechtsextremisten zu fördern.

Die Tische sind leer, die Wände weiß, in der Ecke steht ein Rollkoffer: Noch ist vieles in Robert Teskes Büroräumen nicht fertig. Der 35-Jährige, der lange Büroleiter für den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke war, ist für die AfD im Februar ganz neu in den Bundestag eingezogen – so wie 91 seiner insgesamt 150 Kollegen. Es dauert, gerade bei so viel Zuwachs, bis alles läuft.

Für eines aber wurde bereits gesorgt: Teske hat sich einen Mann in sein Büro geholt, der in der rechten Szene einen großen Namen hat. Benedikt Kaiser arbeitet seit April für ihn im Bundestag als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Teske erhält damit inhaltliche Unterstützung von einem, der früher viele Jahre in der Neonazi-Szene aktiv war und inzwischen bundesweit als Vordenker der Neuen Rechten gilt. Er hat Bücher und Artikel zu Programm und Strategie der AfD veröffentlicht und versucht so, die Ausrichtung der Partei zu beeinflussen. Und zwar in eine Richtung, wie sie bei den Jungen in der stark gewachsenen AfD-Fraktion weitverbreitet ist: immer radikaler, nimmer gemäßigt.

In der vergangenen Legislatur hat Kaiser bei dem Thüringer Abgeordneten und Höcke-Vertrauten Jürgen Pohl gearbeitet, wie die „Welt“ 2023 enthüllte. Der ist nun aus dem Bundestag ausgeschieden. Kaiser hingegen bleibt – und führt jetzt Teske in Berlin ein. „Naheliegend“ sei angesichts von Pohls Abgang sein Wechsel zu einem „jungen, dynamischen Abgeordneten“ wie Teske, sagt Kaiser t-online. Und Teske sagt über Kaiser: „Ich kenne ihn seit etlichen Jahren, ihn und seine Expertise zu übernehmen, war logische Konsequenz.“

Ihre Kooperation zeigt, wie die AfD seit Jahren Steuergelder, Mitarbeiterposten und Mittel im Bundestag nutzt, um rechtsextreme Kräfte immer stärker zu vernetzen und zu fördern. Und es ist beileibe nicht das einzige Beispiel: Jan Wenzel Schmidt, AfD-Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt, bestätigte t-online, dass er nach wie vor Mario Müller als wissenschaftlichen Mitarbeiter im Bundestag beschäftigt. Müller ist ehemaliger Führungskader der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) und mehrfach verurteilter Gewalttäter. Im Bundestagsbüro des Brandenburger AfD-Landeschefs René Springer arbeitet zudem nach Informationen von t-online weiterhin Jonas Schick – auch er ist ehemaliger IB-Aktivist und Herausgeber des neurechten Magazins „Die Kehre“. Offiziell steht die IB auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD.

Kaiser aber ist ein besonders prominenter Name, ein Zugpferd der neurechten Szene. Von seiner Zusammenarbeit mit Teske dürfte einer profitieren, der nicht selbst im Bundestag vertreten ist: der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke.

Der neue Bundestagsabgeordnete Teske war als Büroleiter sechs Jahre lang so etwas wie Höckes Schatten. Der gelernte Speditionskaufmann hat für den einflussreichen Thüringer AfD-Chef gearbeitet, hat ihn zu Terminen im Landtag wie auch außerhalb begleitet, seine Wahlkampfauftritte koordiniert, hat ihm die Presse vom Leib gehalten oder Gespräche vermittelt – je nach Höckes Stimmung.

Vor seiner Zeit in Thüringen war Teske Chef der Jungen Alternative (JA) Bremen. Weil er 2017 an einer Demonstration mit der „Identitären Bewegung“ teilnahm und sich auch sonst mit ihr solidarisierte, machte er früh Schlagzeilen. Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtete den Bremer JA-Landesverband als einen der ersten unter anderem wegen seiner „Verbindungen zu den rechtsextremistischen ‚Identitären'“, wie es im Bericht des Verfassungsschutzes von 2018 heißt. Für Teskes früheren Chef dürfte das eher Grund als Hindernis gewesen sein, ihn einzustellen: 2019 holte Höcke Teske als Büroleiter zu sich.

Share.
Exit mobile version