Vor 18 Jahren verschwand die kleine Maddie McCann. Der Hauptverdächtige sitzt wegen anderer Taten in Haft, kommt aber bald frei. Oder überführen ihn neue Indizien, über die jetzt die „Sun“ berichtet?
Der 17. September 2025 ist das Datum, an dem Christian B. das Gefängnis verlassen und sofort danach das Weite suchen könnte. Denn dann hat er seine Strafe für die Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin abgesessen. Der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Hans Christian Wolters vermutet, dass sich B. als freier Mann anschließend so schnell wie möglich ins Ausland absetzen wird.
„Niemand kann ihn daran hindern“, sagt Wolters im Gespräch mit t-online. Außer, eine von drei möglichen Entwicklungen trete bis dahin ein.
Variante eins: B. wird vorher wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf einen JVA-Angestellten verurteilt, wegen dem die Staatsanwaltschaft Hildesheim derzeit ein Verfahren führt. Variante zwei: Der Bundesgerichtshof gibt der Staatsanwaltschaft recht, die nach einem Freispruch von B. in einem anderen Vergewaltigungsprozess Revision eingelegt hatte.
„Aber“, meint Wolters, „es ist nicht unwahrscheinlich, dass weder das eine noch das andere eintritt.“ Und dann bleibe nur noch eine Möglichkeit, B. weiter in Haft zu behalten: Der Staatsanwaltschaft Braunschweig gelingt es, neue Indizien im Fall Maddie vorzulegen, die einen Haftbefehl gegen ihn rechtfertigen.
Der Fall Madeleine McCann ist es, der Christian B. internationale Bekanntheit verschafft hat. Im Mai 2007 verschwand das Mädchen wenige Tage vor seinem vierten Geburtstag aus einer Ferienwohnung im portugiesischen Praia da Luz. B. ist der Hauptverdächtige in dem Fall. Der mehrfach verurteilte Sexualstraftäter steht unter Verdacht, das Kind missbraucht und getötet zu haben.
Beweisen ließ sich dies bisher jedoch nie. Nun berichtet die britische „Sun“ von neuen Indizien, die im Fall Maddie eine Spur zu B. legen würden. Können Sie eventuell zum Hebel für die Braunschweiger Staatsanwaltschaft werden?
Unter anderem geht es um drei nicht registrierte Waffen samt Munition, die die Ermittler bei Razzien auf von B. genutzten Grundstücken gefunden haben. Außerdem um 75 Kinderbadeanzüge, Kinderspielzeug und Kinderfahrräder, die der kinderlose B. in seinem Besitz hatte, um einen Metallkoffer mit Fotos von jungen Mädchen und um bisher unter Verschluss gehaltene Bilder, die auf einer versteckten Festplatte entdeckt wurden.
Dazu berichtet die „Sun“ von Skype-Chats mit anderen Pädophilen sowie schriftlich von B. festgehaltenen Vergewaltigungsphantasien. Im Kontext des Falles Maddie besonders interessant: Laut der britischen Zeitung befindet sich unter den bei B. gefundenen Fotos auch ein Nackt-Selfie, das ihn am portugiesischen Arade-Staudamm zeigen soll, wo Ermittler im Frühjahr 2023 nach Maddies Leiche suchten. Überdies belege die Meldung eines Unfallschadens, dass B. 2008 tatsächlich auf einem Festival war, auf dem er nach Aussagen eines Zeugen offenbarte: „Maddie hat nicht einmal geschrien.“
Diese Indizien waren der Öffentlichkeit bisher im Detail unbekannt und wurden erst jetzt durch die „Sun“ enthüllt. Aber, für die Ermittlungen gegen B. relevant: Die Staatsanwaltschaft kannte die Beweisstücke laut Oberstaatsanwalt Wolters alle schon zuvor. „Wir haben nur bewusst nicht immer jede Einzelheit öffentlich ausgebreitet“, erklärt er t-online.