Überstunden könnten sich für Arbeitnehmer künftig noch mehr lohnen. Die Ampelkoalition will sie steuerfrei stellen. Was es dabei zu beachten gilt.

Das Wichtigste im Überblick


Die deutsche Wirtschaft stottert, das Wachstum in diesem Jahr dürfte übersichtlich ausfallen. Die Bundesregierung versucht nun gegenzusteuern – und setzt auf Anreize für mehr Beschäftigung. Eine der Maßnahmen: steuerfreie Überstunden für Arbeitnehmer.

Doch kann davon jeder Angestellte profitieren – oder nur jene in Vollzeit? Und was gilt, wenn Überstunden laut Vertrag schon mit dem Gehalt abgegolten sind? Die wichtigsten Antworten im Überblick.

Bisher ist nur bekannt, dass eine Steuerfreiheit für Überstunden eingeführt werden soll. Details zu den Plänen sind noch offen. Allerdings ließen Quellen aus dem Bundesfinanzministerium im Vorfeld verlauten, Finanzminister Christian Lindner (FDP) wolle die neue Regel nur bei Vollzeitkräften anwenden. Damit solle verhindert werden, wovor Beamte in seinem Ministerium gewarnt hatten: dass künftig mehr Arbeitnehmer auf Teilzeit umschwenken und den Einkommensverlust dann mit Überstunden wettmachen.

In einem Papier des FDP-Präsidiums von Anfang April heißt es hingegen: „Die steuerlichen Vorteile sollen für über die volle Arbeitszeit hinausgehende Überstunden gestattet werden.“ Damit könnten auch Teilzeitkräfte einbezogen sein, die länger als die für sie geltende volle Arbeitszeit im Dienst sind. Ohnehin ist fraglich, ob sich ein Ausschluss von Teilzeitangestellten überhaupt rechtlich durchsetzen ließe – oder ob er einer Diskriminierung gleichkäme.

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Vorab hieß es, es solle eine begrenzte Zahl an Überstunden steuerfrei gestellt werden. Konkrete Zahlen gibt es nicht. Allerdings schreibt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) eine maximal mögliche Zahl an Überstunden vor.

Laut dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer pro Woche maximal 48 Stunden arbeiten. Da ihnen mindestens vier Wochen Urlaub zustehen, ergibt das eine maximal mögliche Arbeitszeit von 2.304 Stunden pro Jahr.

Auch für einzelne Tage gibt es Regeln: So dürfen Angestellte an einem Werktag grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden arbeiten, Pausen zählen nicht dazu (§ 3 Satz 1 ArbZG). In Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber bis zu zehn Stunden am Tag anordnen. Diese Grenze darf nicht überschritten werden. So ergibt sich eine vorübergehend zulässige Höchstgrenze von 60 Stunden pro Woche – denn auch der Samstag gilt als Werktag.

Der Arbeitgeber muss anschließend darauf achten, dass seine Mitarbeiter in den folgenden Tagen weniger arbeiten. Denn: Auf sechs Kalendermonate oder 24 Wochen gerechnet darf die durchschnittliche Arbeitszeit acht Stunden am Tag nicht überschreiten.

Gut zu wissen: Die Grenzen, die das Arbeitszeitgesetz festlegt, gelten auch bei Personalmangel. Der Arbeitgeber kann sich also nicht damit herausreden, dass mehrere Mitarbeiter krank ausfallen oder Stellen nicht besetzt sind.

Das Arbeitszeitgesetz gilt allerdings nicht für alle Angestellten. Ausgenommen sind Beschäftigte mit Leitungsfunktion, Chefärzte, Arbeitnehmer, die Personen pflegen, betreuen, erziehen oder mit ihnen zusammen wohnen, Arbeitnehmer der Kirchen, die Gottesdienste gestalten, sowie Mitarbeiter in der Luftfahrt.

Zudem gelten verschärfte Arbeitszeitregeln für minderjährige Arbeitnehmer. Sie dürfen laut Jugendarbeitsschutzgesetz nicht länger als 40 Wochenstunden arbeiten.

Nein. „Überstunden liegen erst dann vor, wenn sie mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers erbracht werden“, teilt die Rechtsanwaltskanzlei Klenner aus Osnabrück mit. „Er muss die Anwesenheit des Arbeitnehmers angeordnet oder die über die übliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gebilligt oder zu mindestens geduldet haben.“

Billigen heißt, dass der Arbeitgeber nachträglich mit den Überstunden einverstanden ist. Eine Duldung liegt vor, wenn Arbeitgeber wissen, dass Überstunden anfallen und nicht dagegen einschreiten. Versuchen Arbeitnehmer, eigenmächtig Überstunden zu leisten, riskieren sie also, dass das vom Arbeitgeber später nicht anerkennt oder direkt verhindert wird.

Bereits im September 2022 hatte das Bundesarbeitsgericht Arbeitgeber dazu verpflichtet, die komplette Arbeitszeit der Beschäftigten systematisch zu erfassen. Das Bundesarbeitsministerium arbeitet derzeit zwar noch an einer neuen gesetzlichen Regelung, diese beschäftigt sich aber nur damit, wie die Arbeitszeiterfassung umgesetzt werden soll. Eine Pflicht zur Erfassung besteht bereits jetzt. Zudem regelt § 16 Abs. 2 ArbZG, dass Arbeitgeber Überstunden aufzeichnen müssen.

Ja, das ist möglich. Dafür muss die Klausel im Arbeitsvertrag aber klar und verständlich formuliert sein. Insbesondere muss der Arbeitgeber eine bestimmte Zahl an Überstunden nennen, die mit dem normalen Gehalt abgegolten ist. Beispiel: „Zehn Überstunden pro Monat sind mit dem Gehalt abgegolten.“

Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie als Arbeitnehmer ein vergleichsweise geringes Gehalt beziehen. Erst wenn Leistung und Gegenleistung auffällig auseinanderklaffen, kann die Klausel als sittenwidrig gelten. Das ist dann der Fall, wenn Ihr Lohn geringer ausfällt als zwei Drittel des branchenüblichen Tariflohns.

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