Kribbeln, Stechen, Brennen und Taubheitsgefühle: Nervenschmerzen in Armen und Beinen können für Betroffene sehr belastend sein.
Beschwerden in den Nerven sind oft die Folge einer Schädigung im peripheren oder zentralen Nervensystem. Mögliche Ursachen sind Verletzungen, Entzündungen und Krankheiten. Plötzlich auftretende Nervenschmerzen sind ein Warnsignal, welches Betroffene sofort ärztlich abklären lassen sollten. Abhängig von der Ursache wird die Therapie durchgeführt.
Nervenschmerzen entstehen, wenn Nervenfasern und Nervenzellen gereizt, gequetscht oder beschädigt werden. Dann verspüren Betroffene oft starke Schmerzen, die meist als stechend und brennend beschrieben werden. Auch können Taubheitsgefühle, Kribbeln und Gefühlsstörungen auftreten. Nervenschmerzen sind in dem Körperbereich wahrnehmbar, der von einem oder mehreren Nerven versorgt wird. Häufig sind das Arme und Beine, doch auch Kopf, Rücken und Haut können betroffen sein.
Experten unterscheiden zwischen Nervenschmerzen aufgrund von Erkrankungen des Bewegungsapparates und neuropathischen Schmerzen. Neuropathischer Schmerz sei die Folge einer Schädigung von „Gefühlsfasern“ des Nervensystems mit nachfolgender Aktivierung der Schmerzbahn, wie die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. erklärt. Es werden zentrale Neuropathien und periphere Neuropathien unterschieden.
Nervenschmerzen in Armen und Beinen stehen häufig mit einem abgedrückten oder eingeklemmten Nerv in Zusammenhang. Wird beispielsweise durch eine Engstelle, etwa im Handgelenkbereich (Karpaltunnelsyndrom) oder in der Schulter (Impingement-Syndrom), ein Nerv gereizt oder geklemmt, entstehen die typischen Nervenschmerzen: Kribbeln, Brennen, Stechen, Taubheit und Missempfindungen. Auch ein Bandscheibenvorfall kann Nervenschmerzen auslösen. Eine weitere Ursache sind Muskelverspannungen. Dann drückt die verspannte Muskulatur auf den Nerv. Häufig ist das im Schulter-Nacken-Bereich der Fall – oft bedingt durch Fehlhaltungen und Überlastungen. Die Schmerzen können in Schultern, Arme und Rücken ausstrahlen.
„Auch eine ausgekugelte Schulter, die zu den häufigsten Schulterverletzungen gehört, kann neben strukturellen Schäden an Knochen, Knorpel, Weichteilen, Sehnen, Bändern auch den Nerv einklemmen oder ihn schädigen. In Folge kann das Schultergelenk massiv Schaden nehmen“, erklärt Professor Dr. Sven Ostermeier, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie sowie leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik Gundelfingen.
Bei neuropathischen Schmerzen sind die Nerven selbst oder die sie versorgenden Blutgefäße erkrankt. Als zentrale Neuropathien werden Nervenschmerzen bezeichnet, die vom zentralen Nervensystem (ZNS) ausgehen, also von Gehirn oder Rückenmark. Schädigungen des zentralen Nervensystems können beispielsweise durch einen Schlaganfall, eine Epilepsie oder Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose verursacht sein. Auch Verletzungen des Rückenmarks aufgrund eines Unfalls, Nervenverletzungen durch Operationen sowie Tumoren können die Nerven des ZNS schädigen.
Nehmen bei einem Schlaganfall bestimmte Gehirnregionen Schaden, können chronische neuropathische Schmerzen zurückbleiben. Schätzungen zufolge entwickeln bis zu 20 Prozent der Betroffenen nach einem Schlaganfall ein zentrales neuropathisches Schmerzsyndrom (Central Post-Stroke Pain (CPSP)). Meist ist die dem Schlaganfall gegenüberliegende Körperhälfte betroffen: Ist der linke Bereich des Gehirns betroffen, werden die Nervenschmerzen in der rechten Körperhälfte wahrgenommen. Die Schmerzen können unmittelbar nach dem Schlaganfall auftreten, aber auch erst Wochen bis Monate später.
Ein Schlaganfall ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Bei Verdacht auf einen Schlaganfall darf keine Minute verloren gehen. Je mehr Zeit bis zur Behandlung vergeht, desto stärker ist der Gehirnschaden. Es muss sofort ein Notarzt unter 112 gerufen werden. Symptome eines Schlaganfalls sind: Sehstörungen, Sprach- und Sprachverständnisstörungen, Lähmungen und Taubheitsgefühle (meist auf einer Körperseite), Schwindel mit Gangunsicherheit sowie sehr starke Kopfschmerzen.
Professor Dr. Sven Ostermeier ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie. Der Schulter- und Knieexperte arbeitet als leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Außerdem ist er Instruktor der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie.
Bei peripheren Neuropathien sind die Nerven außerhalb des ZNS betroffen, die unter anderem Kopf, Gesicht, Augen, Nase, Ohren und Muskeln mit dem Gehirn verbinden. Periphere Nervenschmerzen können zum Beispiel aufgrund einer Gürtelrose oder eines Diabetes mellitus (diabetische Neuropathie) entstehen. Ebenso können Metastasen (Tochtergeschwulste eines bösartigen Tumors) Nerven abdrücken, schädigen oder zerstören. Verschleißbedingte Erkrankungen wie eine Arthrose können ebenfalls Kribbeln, Brennen, Stechen, Taubheit und Missempfindungen verursachen.
„Es gibt viele verschiedene Erkrankungen, welche die peripheren Nerven betreffen können. Da die Ursachen so vielfältig sein können, sollte man mit Nervenschmerzen immer einen Arzt aufsuchen“, rät Ostermeier. „Sogar die Einnahme bestimmter Medikamente, darunter Krebsmedikamente, aber auch Alkoholmissbrauch können sich negativ auf die Nervenfunktion auswirken.“
Plötzlich auftretende Schmerzen und Taubheitsgefühle, die von Kribbeln (Ameisenlaufen), Brennen, Stechen oder anderen Missempfindungen sowie Berührungsempfindlichkeit begleitet sind, sind dem Experten zufolge immer ein Hinweis, dass mit dem Nervensystem etwas nicht stimmt. Die erste Anlaufstelle ist die hausärztliche Praxis. Bei Bedarf kann der Hausarzt an einen Facharzt für weitere Untersuchungen überweisen, das kann etwa ein Neurologe oder ein Orthopäde sein. Ist die Ursache bekannt und die Diagnose gestellt, können die Ärzte abhängig von der Ursache die Behandlung einleiten.