Auf dem CDU-Parteitag in Berlin legt Friedrich Merz am Montag einen untypischen Auftritt hin. Die Botschaft, die dabei mitschwingt, ist dennoch klar.

Friedrich Merz steht auf der Bühne und grinst. Sein Blick geht durch die Reihen der 1.001 Delegierten im Saal. Sie klatschen. Und klatschen. Und klatschen. Hin und wieder geht sogar ein Jubelruf durch die Menge. Das Ganze geht über Minuten.

Bei ihrem Parteitag in Berlin will die CDU zeigen, dass sie geschlossen hinter ihrem Vorsitzenden steht. Immer wieder wird Merz hier über den Klee gelobt. Der genießt diesen Zuspruch. Schließlich war das nicht immer so. Es gab Zeiten, da schien die Partei von ihrem Vorsitzenden keineswegs überzeugt. Immer wieder wurde Kritik an Merz geäußert. Aber heute? Steht die CDU geschlossen. Von Kritik an Merz? Gibt es kaum eine Spur mehr.

Im Gegenteil, die CDU klatscht. Und klatscht. Und klatscht. Dabei hat Merz noch gar nichts gesagt. Es ist ein Vorschussapplaus. Die Rede kommt erst noch.

Noch im Januar hatte Merz Selbstzweifel geäußert – und jetzt?

Das alles ist wichtig für Merz. Der Zuspruch, die Anerkennung. Er nutzt diese Momente, sendet in seiner Rede eine unterschwellige und doch deutliche Botschaft: „Wenn wir gute Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen, dann gewinnen wir in Deutschland Wahlen“, sagt er gleich zu Beginn.

Wer bislang noch Zweifel daran hatte, dass Merz bei der kommenden Bundestagswahl der Kandidat der Union werden will, kann sich spätestens seit heute sicher sein: Er will. Bereits in den Wochen zuvor hatte der CDU-Chef immer mal wieder Signale gesendet. An die Partei. Aber auch an die Öffentlichkeit. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an Merz‘ Rede an diesem Montag.

Am Ende überrascht der Vorsitzende seine Partei mit einem ungewöhnlichen Auftritt. Von Stimmungsmache keine Spur. Vielmehr tritt Merz moderat, fast vorsichtig auf. Dahinter könnte durchaus Kalkül stecken.

Bierzelt soll Söder machen, Merz gibt den Staatsmann

Eigentlich ist Merz bekannt dafür, dem Saal ordentlich einheizen zu können. Heute entscheidet er sich dagegen. Er spricht über 50 Jahre unionsgeführte Bundesregierung, über Frieden und Freiheit. „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit. Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“, sagt Merz. Und die Stimmung im Saal ist verhalten. Nur hin und wieder gibt es provisorischen Applaus.

Erst nach einer Weile kommt Merz zu den Inhalten. Er spricht über Wirtschaft und Soziales, Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es ist ein Rundumschlag. Ausgeglichen, moderat. Merz will zeigen, dass er nicht mehr der Mann für die Konservativen ist. Und wirkt dabei fast vorsichtig. Als wollte er bloß nichts Falsches sagen, niemandem auf die Füße treten.

Dennoch werden Merz‘ Leute im Anschluss begeistert durch die Reihen gehen. „Das war eine staatsmännische Rede“, sagen sie dann. „Angemessen.“ Und: „Bierzelt macht Söder dann morgen.“ Auch der Vorsitzende scheint zufrieden mit sich. Es war genau der Auftritt, den er geplant hatte.

Die Fürsprecher und das entscheidende Interview

Dass Merz sich heute selbstsicher gibt, dürfte auch daher kommen, dass in der Partei die Zweifel an ihm leiser und das Lob für ihn lauter geworden sind. Kritik am Vorsitzenden gibt es, zumindest öffentlich, so gut wie keine mehr. Stattdessen geben sich jene, die dem CDU-Politiker aus dem Sauerland einst skeptisch gegenüberstanden, heute loyal. Etwa sagt die Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, Karin Prien, mittlerweile: „Wenn Friedrich Merz Kanzlerkandidat der Union werden will, dann wird er es auch.“

Fragt man Merz heute nach der Kanzlerkandidatur, scheinen früher vorhandene Zweifel verschwunden. Weder sein Alter noch seine Unbeliebtheit bei Frauen scheinen ihm noch Sorgen zu bereiten. Im Gegenteil: Seine Werte seien doch besser geworden, versichert der CDU-Chef, wenn man ihn danach fragt. Tatsächlich sind sie das bislang nicht wirklich. Aber: Es gibt es nun immerhin den Willen, ja die Not, daran etwas zu ändern.

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