Jörg Dittrich will von der Ampel weniger Gipfel und mehr Entscheidungen. Claus Ruhe Madsen gibt bei Illner aber zu bedenken: Wer soll der Ampel noch glauben?

Die konkurrierenden Wirtschaftsgipfel der Bundesregierung gehen für den Handwerkspräsidenten Jörg Dittrich nach hinten los. „Ich glaube, dass wir die Zeit nicht mehr in Gipfeln verplempern sollten, sondern den Ernst der Lage aufgreifen“, forderte er am Donnerstagabend bei „Maybrit Illner“. Der Dachdeckermeister aus Dresden ermahnte die Ampel, ihrer Regierungsverpflichtung nachzukommen: „Die ist momentan nicht erkennbar.“

  • Claus Ruhe Madsen (CDU), Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein
  • Jörg Dittrich, Handwerkspräsident
  • Christiane Benner, IG-Metall-Chefin
  • Saskia Esken, SPD-Vorsitzende
  • Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender

Die separaten Gipfel von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) – noch dazu am selben Tag und ohne Beteiligung des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) – hatten zuletzt Gerüchte über ein baldiges Aus der Ampelkoalition angeheizt. SPD-Parteichefin Saskia Esken kritisierte bei „Maybritt Illner“ die Planung im Finanzministerium.

„Vielleicht ein bisschen seltsam ist es schon, dass es am selben Tag stattfinden musste. Auch die große Inszenierung des Folgetermins jetzt am Montag – ich weiß nicht was das soll, aber so ist es nun mal“, sagte Esken in der ZDF-Talkshow. Titel der Sendung „Wende oder Ende – gefährdet die Ampel den Wohlstand?“

Für Claus Ruhe Madsen (CDU), Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, sieht die Lage ziemlich aussichtslos aus, jedenfalls was die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung anbelangt. Selbst wenn die Ampel das von Dittrich geforderte einheitliche Konzept zur Lösung der Wirtschaftskrise vorlegen würde, gäbe es laut Madsen eigentlich nur eine Garantie – nämlich, dass das doch nicht umgesetzt wird: „Wer soll ihnen das abnehmen, ernsthaft.“

Dieses Glaubwürdigkeitsproblem der Bundesregierung schadet nach Ansicht der IG-Metall-Chefin Christiane Benner dem gesamten System: „Die Leute verstehen nicht mehr, was in der Politik los ist.“ Dass Unternehmer nicht sicher sein können, dass von der Ampel verkündete Pläne nicht gleich wieder kassiert werden, ist laut den Branchenvertretern aber nur ein Grund für die aktuelle Krise.

Während Benner die hohen Energiekosten und einen „peinlichen“ Rückstand in Deutschland im Hinblick auf Elektromobilität beklagte, führte Dittrich hohe Lohnnebenkosten als wichtigen Grund an, warum in diesem Jahr im Handwerk 48.000 Arbeitsplätze verloren gehen werden. „Die Leistung wird für den Kunden unbezahlbar“, sagte der Handwerkspräsident und sagte mit Blick auf immer neue Vorschriften auch aus Brüssel: „Es rollt eine Welle auf uns zu.“

Dittrich kritisierte bei Illner insbesondere das Lieferkettengesetz. Eigentlich solle damit verhindert werden, dass Kinderarbeit in Bangladesch gefördert wird. Am Ende aber „quälen wir einen Bäcker im Dorf, der VW ein paar Brötchen fürs Catering geliefert hat“, sagte der Vertreter des Handwerks.

„Regeln, die uns stören, müssen weg, weil sie uns im Wachstum begrenzen“, forderte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr bei „Maybrit Illner“. Mit Blick auf die Bürokratie schien er insbesondere die Grünen in der Verantwortung zu sehen. Er habe „Habeck in aller Klarheit gesagt: Ich erwarte, wenn Vorschläge von der deutschen Wirtschaft kommen, dann ist die Regierung in der Verantwortung, das umzusetzen“. Dürr räumte aber ein: „Wir stehen vor einer Richtungsentscheidung, die wahrscheinlich hätte früher getroffen werden müssen.“

„Illner“: Mehr Zuversicht im Team Deutschland

Madsen warnte angesichts der Krise bei Volkswagen davor, sich auf den Lorbeeren vergangener Tage auszuruhen. „Wir sind Weltmarktführer in Technologien aus dem letzten Jahrhundert“, sagte der dänisch-deutsche Unternehmer, der früher Oberbürgermeister von Rostock war. Allerdings attestierte er den Deutschen auch, die Lage grundsätzlich negativ, ganz nach dem Motto „Wir werden alle sterben. Hauptsache, es geht schnell“.

Laut Madsen bräuchte es jetzt endlich den besonderen, geeinten Kraftakt, um Deutschland für die Zukunft zu rüsten. „Team Deutschland – aber da bräuchten wir die gesamte Mannschaft“, sagte der CDU-Politiker. Er zweifelte jedoch selbst daran, ob es für eine solche Kraftanstrengung angesichts des bevorstehenden Bundestagswahlkampfs nicht bereit zu spät ist: „Das macht man aber nicht in der 90. Minute“.

Deutschland spiele immer noch in der Champions League, unterstützte Dittrich ebenfalls mit einer Fußballanalogie die Forderung, nicht alles schlechtzureden. „Aber: Uns geht in der 80. Minute im Fußball die Luft aus. Und da langt es nicht, die Taktik anzupassen, da müssen wir ins Trainingslager miteinander“.

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