Der eine wurde zum Jugendidol stilisiert, der andere als der Königsmörder präsentiert: Maximilian Krah und René Aust stehen nach der Europawahl als Gegenspieler in der AfD da und agieren völlig gegensätzlich.
Maximilian Krah will sich als Mann präsentieren, der Wort hält. Auch wenn er als vermeintliches Zugpferd der AfD jetzt nicht der Gruppe der Partei im Europaparlament angehört: Die Wähler seien doch gar nicht betrogen worden. Sie bekämen ihn ja, selbstbewusst und unverbogen, erzählte er in einem am frühen Donnerstag veröffentlichten Interview. Sein Gegenspieler hat auch ein Statement versprochen, wollte dann aber doch nicht reden.
René Aust ist der Leiter der Delegation, die den früheren EU-Spitzenkandidaten Krah ausgeschlossen hat, und damit der neue vermeintlich starke Mann der AfD im Europaparlament. Er ließ eine mit Spannung erwartete Erklärung am Mittwochabend ausfallen: „Ich wurde darum gebeten, mich nicht am öffentlichen Schauspiel zu beteiligen“, entschuldigte er sich – Schweigen aus Parteidisziplin, während Krah mit gemäßigten Worten den Rambo gibt.
Seit der EU-Wahl am vergangenen Wochenende tobt ein offener Machtkampf in der Europa-Delegation der AfD: Es geht um ihre Führung und ihre Ausrichtung. Aust gilt im Krah-Lager als „Verräter“ und steht unter großem Druck. Doch auch das Krah-Lager bekam plötzlich Gegenwind von unerwarteter Seite – ausgerechnet von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, der bislang Maximilian Krah unterstützt hat.
Beim ersten Treffen der neu gewählten Abgeordneten hatten am Montag acht Parlamentarier dafür gestimmt, Krah aus ihrer Gruppe auszuschließen, vier dagegen, drei enthielten sich. Bereits kurz vor der EU-Wahl hatte die AfD-Führung den Dresdner Krah aus dem Wahlkampf genommen, nachdem seine Kontakte zu möglichen Spionen Chinas und Russlands öffentlich bekannt geworden waren und er sich in einer italienischen Zeitung relativierend über SS-Soldaten geäußert hatte.
Krah ist nach der EU-Wahl also von der Partei offiziell zunächst abgemeldet, geht aber trotzdem offensiv an die Öffentlichkeit. Auf sein angekündigtes Interview bei dem rechtsextremen österreichischen Portal AUF1 hatten in der Partei viele gewartet. Donnerstagfrüh wurde Krah darin dann deutlich.
Vom Flughafenterminal aus sprach er von einem „Akt erstaunlicher politischer Blindheit“, nach dem „unfassbaren Erfolg gerade bei Jungwählern dann den Spitzenmann herauszukegeln“. Er und seine Unterstützer sehen es vor allem als sein Verdienst, dass die AfD unter Jungwählern stark zugelegt hat. Sie sprechen nun von „Verrat“ an den Wählern.
Er selbst geht auf die Rolle kaum ein, die ihn zum Verlierer machen würde: Es sei „Irrsinn, dass man den Spitzenkandidaten der erfolgreichsten AfD-Kampagne seit Bestehen der Partei demontiert“ habe. Er sagt, es sei kein Wähler betrogen worden, weil er keine Kompromisse eingehe: „Ich bin im Europäischen Parlament. Also, das, was versprochen ist, wird jetzt von Maximilian Krah auch eingehalten.“ Klare Breitseite gegen die Partei: Während er dafür stehe, in Brüssel den „Wählerwillen ernst zu nehmen“, habe die Mehrheit der Kollegen sich überzeugen lassen, dass es „auch unter Aufgabe von AfD-Positionen“ einen anderen Weg gebe.
An die Spitze der verbliebenen Abgeordneten ließ sich René Aust wählen – und ist damit für Krah-Anhänger nun der Buhmann: Social-Media-Akteur Eric Ahrens, der hinter Krahs TikTok-Strategie steckt und eine Schnittstelle ist zum „Vorfeld“ der Partei – das sind teils trollartig auftretende Netzwerke – mobilisierte auf der Internetplattform umgehend: „Feuer frei“. Weil die Gruppe so lautstark auftritt, Reichweite schaffen, Trends setzen und auch aggressiv Gegner zum Verstummen bringen kann, halten die Mitstreiter sich für wichtig und mächtig. Und glauben auch, das Recht zu haben, ihre Forderungen in der AfD durchzusetzen. Diverse Accounts mit großer Reichweite griffen Aust in den vergangenen Tagen an – bis hin zur Forderung, ihn abzuschieben.
Ahrens sagte, Aust habe zwar auf Geheiß der in seinen Augen schlecht angreifbaren Weidel gehandelt, stehe aber allein und ohne Rückhalt da, sei weich und zahnlos und habe „alles verloren“. Krah selbst sagte im Interview über den Rivalen nur: „René Aust ist ein ehrenwerter Mann“. Nebenbei brachte er einen weiteren Namen ins Spiel: Der „neugewählte Abgeordnete Hans Neuhoff“ habe den Antrag gestellt, Krah auszuschließen. Neuhoff steht schon im Fokus des „Vorfelds“, weil er sich in NRW für den Ausschluss des extrem rechten Abgeordneten Matthias Helferich einsetze.