Gerade der Faktor Geduld spielt eine große Rolle. Leistungssportler sind es gewohnt, jeden Tag zum Teil mehrmals zu trainieren und dann einmal pro Woche im Wettkampf abzuliefern. Mit einer Verletzung ändert sich plötzlich nicht nur der Tagesablauf, wenn es in die Reha geht. Basketball-Star Till Pape erklärt: „Es ist häufig so, dass man pessimistischer wird, weil es in der Reha oft nicht schnell genug gehen kann. Weil man die absoluten Höchstleistungen gewohnt ist. Es kommen Rückschläge dazu.“
Pape, der neben seiner Sportlerkarriere noch Medizin studiert, gesteht: „Dieser Zustand vor der Verletzung scheint dann so weit entfernt, da gehen wahnsinnig viele Sachen durch den Kopf und es ist ein richtiger Struggle für jeden Sportler.“ Kleinert erklärt, dass ein negativer Gedanke erst einmal seine Berechtigung habe und sowohl ernst genommen als auch wertgeschätzt werden müsse. „Nicht im Sinne von: Den möchte ich nicht haben, sondern er bedeutet etwas“, so der Sportpsychologe.
Auch Fußball-Star Giulia Gwinn riss sich 2020 das vordere Kreuzband im rechten Knie und zwei Jahre später das im linken Knie. „Das war so ein Moment, wo alles stillstand, aber ich sehr laut war, weil ich genau wusste, was es ist. Ich kenne das Gefühl, den Schmerz, den Schock“, so beschrieb die deutsche Nationalspielerin in der Dokumentation „Fall. Rise. Gwinn.“ den Moment, als es passierte. Sie führte aus: „Dann schießen dir tausend Gedanken durch den Kopf. Die größte Angst ist, glaube ich, dass man seine Karriere früher beenden muss, als man es eigentlich geplant hat.“
Alexander Schmid weiß, dass Durchhaltevermögen entscheidend ist. „Bei einer Verletzung ist es noch schwieriger, weil die Fortschritte minimal sind. Aber es erfüllt umso mehr, wenn man während einer Verletzung ein Tages- oder Wochenziel erreicht“, so der 31-Jährige.
Als Beispiel nennt der Silbermedaillengewinner von Olympia in Peking 2022 bestimmte Bewegungen nach seinem Kreuzbandriss. Der 30-Jährige arbeitete mit einer Mentaltrainerin zusammen. Im Gespräch mit t-online erklärt Schmid: „Das Wichtigste ist, Situationen zu akzeptieren. Wenn ich es noch nicht akzeptiert habe und mit mir selbst nicht im Reinen bin, dann ist es hart.“ Er habe seine Verletzung jedoch von Beginn an akzeptieren können. Auch Lisa Mayer betont im Gespräch, dass sie „die Psyche als einen zentralen Baustein“ sieht und führt aus: „Ich arbeite auch seit Jahren mit einer Sportpsychologin zusammen und merke, dass mir das sehr hilft, auf der Ebene zu arbeiten.“