Zunächst hielten Finanzminister Lindner und Kanzler Scholz zur gleichen Zeit je einen eigenen Wirtschaftsgipfel ab. Jetzt fordert der FDP-Chef einen gemeinsamen Kurs.
Nach seinem Treffen mit Wirtschaftsvertretern hat FDP-Chef Christian Lindner in den kommenden Wochen Entscheidungen der Ampelkoalition gegen die Wirtschaftsschwäche gefordert. Er werde Schlussfolgerungen aus dem Treffen in den „gemeinsamen Beratungsprozess“ der Regierung einbringen, sagte der Bundesfinanzminister am Dienstag in Berlin: „Klar ist, dass wir in den nächsten Wochen alleine schon aufgrund der Zeitplanung für den Bundeshaushalt 2025 auch zu einer gemeinsamen Position werden finden müssen.“
Lindners FDP hatte den Fokus des Treffens insbesondere auf den Mittelstand gelegt – als Gegenmodell zu dem „Industriegipfel“, der am Nachmittag bei Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt stattfindet. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte nach dem Treffen im Reichstag, nötig seien „jetzt Richtungsentscheidungen“ in der Wirtschaftspolitik. Anspruch müsse sein, dass Deutschland wirtschaftlich wieder „in der Champions League“ spiele.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von einem „guten Austausch“ mit den FDP-Vertretern. Wichtig sei, dass sich die Bundesregierung auf eine Strategie einige, „die sich an allen Bereichen der deutschen Wirtschaft orientiert und eben nicht nur an einzelnen Sektoren“. Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit müsse wieder zentrales Thema der Regierungspolitik werden, forderte Dulger. „Wir müssen jetzt nach dem politischen Schaulauf ins Handeln kommen. Es muss geliefert werden.“
„Die Situation ist ernst“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe, Stephan Hofmeister, bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Die Unternehmen wollten „von der Kette gelassen werden“, dazu sei vor allem eine schnelle Entbürokratisierung nötig. Dies habe „nicht Zeit bis nächstes Jahr“ nach der Bundestagswahl. „Das muss jetzt beginnen.“
Reinhold von Eben-Worlée als Vertreter des Verbands der Familienunternehmer verglich die aktuellen Rahmenbedingungen mit einem „großen Rucksack“, der die Wirtschaft ausbremse. In ihm seien „extrem hohe Steuern, extrem hohe Sozialabgaben“ und weitere Bürden, sagte er. „Und mit diesem Rucksack sollen wir einen Marathon gegen die vielen internationalen Konkurrenten gewinnen. Das ist kaum möglich.“
Lindner betonte, die deutsche Wirtschaft habe „sehr grundlegende Probleme“ abseits von Konjunkturschwankungen. Dazu gehörten ein geringes Produktivitätswachstum durch Regulierung und Bürokratie, ein „zu geringes Arbeitsvolumen“ aufgrund eines „inflexiblen Arbeitsmarktes“ und ein kostspieliger „Sonderweg“ Deutschlands in der Klima- und Energiepolitik.
Fraktionschef Dürr lehnte nach dem Treffen erneut Staatshilfen gegen die Konjunkturkrise ab. Es sei klar, dass „nicht der Staat mit Subventionen an die Stelle“ der Wirtschaft treten könne, sagte er. Ziel müsse es vielmehr sein, die Wirtschaft durch gute Standortbedingungen zu Investitionen zu bringen.