Der 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Der Kölner Schauspieler Jan Grünig hat das Down-Syndrom – er und seine Familie erzählen bei t-online aus ihrem Leben.
Jan Grünig, seine Mutter und Schwester Kim sitzen an einem Wohnzimmertisch in Köln-Sürth. „Mama hat immer gesagt: Wenn du etwas nicht ausprobiert hast, dann weißt du nicht, ob du es kannst oder nicht“, erinnert sich die 28-Jährige. Ihr Bruder Jan ist zwei Jahre jünger als sie und hat im Mai 2024 hier seine erste eigene Wohnung bezogen. „Ich wollte meine Ruhe haben“, erklärt er und kneift verschmitzt die Augen zusammen.
Sein freundliches Gesicht, das so oft ein schelmisches Lächeln zeigt, ist vielen Deutschen nicht unbekannt: Zwanzig Jahre lang gehörte Jan Grünig als „Martin Ziegler“, genannt „Mürfel“, zur festen Besetzung der Kult-Serie „Lindenstraße“. Sein Talent bildete er mithilfe des Schauspiels Köln aus. Das Theater hat ein sogenanntes Professionalisierungs-Programm für Menschen mit Behinderungen, die Berufsschauspieler werden möchten. Außerdem war Jan Grünig bei zwei Schultheaterprojekten dabei. „Als Putzfrau“, sagt er und macht in Erinnerung an die Rolle mit der Hand die Bewegungen eines Menschen, der emsig mit einem Wedel etwas abstaubt.
Derzeit jedoch hat die Schauspielerei für ihn Pause. Er muss sich zunächst einmal an die alltäglichen Herausforderungen gewöhnen, die das Alleinleben mit sich bringt – der junge Mann hat das Down-Syndrom. Als Mitglied im Vorstand des Vereins „Down-Syndrom Köln“ wird er am Welt-Down-Syndrom-Tag an einer Demonstration in der Kölner Innenstadt teilnehmen.
„Wir haben Plakate und eine Band spielt“, verrät er. Das Anliegen der Demonstration erklärt seine Mutter Heike Grünig: „Es geht darum, für Diversität und Vielfalt einzutreten und das Down-Syndrom sichtbar zu machen.“ Ihre Tochter Kim ergänzt: „Es wäre hilfreich, wenn die Mitarbeiter der Ämter wüssten, was das Down-Syndrom ist. Dass es eine Behinderung ist, die bleibt.“
Die Grünigs erleben häufig Unverständnis für ihre Situation, auch betroffenen Menschen in ihrem Umfeld geht so. Die Stadt etwa habe einer Freundin von Jan, die auch das Down-Syndrom hat, den Behindertenausweis nicht länger erteilen wollen – mit dem Argument, dass sie ja inzwischen selbstständig zurechtkomme.
Diese Argumentation greife aber zu kurz. Menschen mit Down-Syndrom könnten zwar die Routinen erlernen, die sie für ihren Alltag brauchen, etwa den Weg zur Arbeit. Wenn es aber zu einer kurzfristigen Änderung komme, etwa eine Bahnstrecke gesperrt werde, dann bräuchten die meisten Menschen mit Down-Syndrom Hilfe dabei, um spontan eine Lösung zu finden.
Auch ein Parkausweis für Behinderte werde Betroffenen kaum ausgestellt. Das Down-Syndrom sei aber nicht nur eine kognitive Behinderung, sondern beeinflusse bei vielen auch die Mobilität – durch Schäden am Knochengerüst. Bandscheibenvorfälle, ein schwächerer Muskeltonus und andere Beeinträchtigungen gehören auch zu den Symptomen der Krankheit.
Jans Mutter schildert ein weiteres Problem, das für Menschen mit Behinderung ein Thema ist: „Sie arbeiten ihre Stunden, bekommen aber nicht einmal den Mindestlohn.“ Da es für Menschen mit Down-Syndrom im deutschen Film nur wenige Rollen gibt, arbeitet Jan aktuell als Hauswirtschaftshilfe in der Jugendherberge in Riehl. Für jede Strecke ist er eine Stunde lang mit Bus und Bahn unterwegs, aber die Aufgabe macht ihm Spaß, weil sie Abwechslung bietet.
Reguläres Gehalt bekommt er laut den Grünigs aber nicht, er erhalte für seine Arbeit lediglich ein Taschengeld – und dieses werde noch auf die Grundsicherung angerechnet, deren Bewilligung laut der Familie zwei Jahre gedauert habe. „Bürgergeld für jemanden zu beantragen, der nicht behindert ist, ist einfacher, als für einen Behinderten Grundsicherung zu bekommen“, so der Eindruck der Schwester des jungen Mannes.