Wolfgang Bosbach warnt die CDU vor Politik mit der AfD. Manuela Schwesig meint: Die gibt es doch längst. Ein Landrat verzweifelt: „Wir sind komplett lost“.

Sollte sich die CDU weiter der AfD annähern, drohen nach Ansicht des Christdemokraten Wolfgang Bosbach große Probleme. Dass die Dresdner CDU im Landtag für einen Antrag der AfD gestimmt hatte, bezeichnete er am Donnerstagabend bei „Maybrit Illner“ als Fehler und warnte Nachahmer.

„Wenn das Schule macht, werden wir im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf riesige Probleme bekommen“, sagte der ehemalige Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestags. Damit stieß er allerdings in der Runde auf gehörige Skepsis.

  • Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns
  • Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker
  • Dirk Neubauer (parteilos), Landrat Mittelsachsen
  • Eva Linsinger, österreichische Journalistin
  • Sabine Rennefanz, Autorin und Journalistin

Bosbach warnte seine Partei davor, bei Wählern den Eindruck zu erwecken, sie würde am Ende doch gemeinsame Sache mit der AfD machen. Die CDU laufe so Gefahr, im „Kampf gegen Rechts“ zur Zielscheibe zu werden. „Ich bekämpfe die AfD, weil ich konservativ bin“, bekräftigte Bosbach.

Illner: Nähert sich CDU der AfD an?

„Die Realität vor Ort auf kommunaler Ebene ist schon längst so, dass es gemeinsame Sache zwischen CDU und AfD gibt“, sagte hingegen Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Manuela Schwesig (SPD) bei „Maybrit Illner“. Da nickte der parteilose Landrat aus Mittelsachsen, Ex-SPD-Mitglied Dirk Neubauer. „Diese Brandmauer hat es, glaube ich, auch nie richtig gegeben“, sagte er über die Abgrenzung der Union nach rechts.

Bei der umstrittenen Abstimmung im Dresdner Stadtrat war es übrigens um die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber gegangen. Dass die Kommunen vergeblich auf eine bundeseinheitliche Lösung warten und schließlich eigene Lösungen finden mussten, passt für Neubauer leider ins Bild. „Wir laufen nicht mal mehr hinterher. Wir sind komplett lost“, sagte er über den Stand der Digitalisierung, meinte aber auch viele andere Probleme.

„Wo ist die Lernkurve?“, frage der sächsische Landrat angesichts des zehnten „Jubiläums“ der Flüchtlingskrise im nächsten Jahr und weiterhin monatelangen Wartezeiten auf Sprachkurse für Geflüchtete. „Niemand mag Krieg, aber mir fehlt hier eine klare Linie“, monierte Neubauer und meinte damit insbesondere die Kommunikation von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – beziehungsweise deren Ausbleiben. „Es ist mir alles viel zu still und diese Stille füllt sich mit unglaublich viel Unsinn“, klagte der Kommunalpolitiker. „Was wir jetzt haben, sind Vernichtungsdebatten.“

„Das nutzt die AfD“

Alle drei Politiker waren sich an diesem Abend bei „Maybrit Illner“ einig: Deutschland muss die Ukraine weiterhin unterstützen und die Beziehung zu Russland einfrieren – auch, wenn durch diese Haltung viele Wählerstimmen verloren gehen. Viele Bürger im Nordosten seien gegen Waffenlieferungen, sagte Schwesig: „Das nutzt die AfD.“ Für sie gebe es in der Beziehung zu Russlands Machthaber Wladimir Putin aber kein Zurück mehr. Gute Politik müsse bei einer „Couchdebatte“ auch mal widersprechen, stimmte Neubauer zu.

„Krieg darf sich nie wieder lohnen“, mahnte auch Bosbach. Wie komme die Bundesrepublik dazu, die Ukraine aufzufordern, um des lieben Friedens in Deutschland willen, einen Teil ihres Landes aufzugeben? Und wer garantiere, dass Russland sich nicht irgendwann doch den Rest der Ukraine hole? „Vor drei Jahren hatten wir 80 Millionen Virologen. Im Moment haben wir 80 Millionen Militärexperten“, kommentierte Bosbach die öffentliche Debatte etwa um den Taurus-Marschflugkörper.

Die Journalistin Sabine Rennefanz, die unter anderem für den „Spiegel“ schreibt, hielt hingegen bei „Illner“ eine Rückeroberung der Krim oder gar einen Sieg der Ukraine für unrealistisch. Die Frage „Was ist unser Ziel?“ sei dennoch weiterhin unbeantwortet. Das sorge insbesondere im Osten Deutschlands für Unmut. Denn dort sei die historische Überzeugung verankert, dass man Russland schlicht nicht besiegen könne.

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