Migration

Kurswechsel in der Migrationspolitik ist noch ungewiss

Aktualisiert am 10.04.2025 – 16:01 UhrLesedauer: 5 Min.

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An der Grenze zu Tschechien gibt es stationäre Kontrollen seit Oktober 2023. (Archivfoto) (Quelle: Daniel Karmann/dpa/dpa-bilder)

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Merz hat spürbare Änderungen bei der Regelung von Einwanderung und Asyl versprochen. Ob es dazu kommt, wird sich aber frühestens in einigen Monaten erweisen. CDU und CSU zeigen sich optimistisch.

Politiker von CDU und CSU sind ungeachtet möglicher rechtlicher und praktischer Hürden optimistisch, dass der von ihnen angekündigte Kurswechsel in der Migrationspolitik gelingen wird. Der von Union und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag sei eine „verlässliche Grundlage“, um die Zahl der Asylsuchenden kurzfristig weiter zu reduzieren, sagt Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann (CSU).

Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei versprach für die Zukunft regelmäßige Abschiebeflüge nach Afghanistan und Syrien. „Darauf können sich die Deutschen verlassen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Migrantenverbände zeigten sich indes zufrieden, dass einige von der Union geforderte Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht nun doch nicht kommen.

Abschiebeflug
Kommt es zu weiteren Abschiebeflügen nach Afghanistan oder Syrien? (Archivfoto) (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa/dpa-bilder)

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD heißt es: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ Neue freiwillige Bundesaufnahmeprogramme wird es nicht geben. Mindestens zwei Jahre lang soll es keinen Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus geben.

Um Herkunftsländer von Ausreisepflichtigen um mehr Zusammenarbeit bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger zu bewegen, soll notfalls Druck ausgeübt werden – etwa über die Entwicklungszusammenarbeit, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und die Visa-Politik. Die von der Union als „Turbo-Einbürgerung“ geschmähte Einbürgerung von besonders gut integrierten Ausländern bereits nach drei Jahren soll es demnächst nicht mehr geben.

Dass der Vorbehalt, dies „in Abstimmung“ mit den Nachbarn zu machen, den Plan bremsen könnte, weist Herrmann zurück. Zum einen dürfe nun einmal jeder Staat an seinen Grenzen entscheiden, wer einreisen dürfe und wer nicht. Vor allem aber wollten ja auch die anderen EU-Länder eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Er glaubt: „Da wird es überhaupt kein Problem geben.“

An der Grenze zu Tschechien gibt es stationäre Kontrollen seit Oktober 2023. (Archivfoto) (Quelle: Daniel Karmann/dpa/dpa-bilder)

Merz selbst hatte am Abend nach der Vorstellung des Koalitionsvertrages bei „RTL Direkt“ gesagt: „Wir werden das in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn machen. Und diese Abstimmung läuft.“ Ob das bedeute, dass künftig alle Asylsuchenden an den Grenzen abgelehnt werden, wollte er nicht sagen.

„Die Schweiz behält sich vor, entsprechend zu reagieren, sollten die Zurückweisungen aus unserer Sicht gegen das geltende Recht verstoßen“, teilte ein Sprecher des Schweizer Bundesamtes für Migration auf Nachfrage mit. Man erwarte, dass der allgemeine Personen- und Warenverkehr weiterhin möglichst unbeeinträchtigt bleibe. Der Sprecher verwies insbesondere auf das „bilaterale Rückübernahmeabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, das Dublin-Recht sowie die Genfer Flüchtlingskonvention“.

Österreich begrüßt die Pläne der schwarz-roten Koalition grundsätzlich. Zur geplanten Zurückweisung von Migranten an der deutschen Grenze sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Wien: „Wir sind zuversichtlich, dass das Handeln der deutschen Behörden an den EU-Binnengrenzen auf dem Boden der Rechtsordnung erfolgt.“

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte bereits Ende März laut Nachrichtenagentur PAP erklärt, es gebe zwar ein gültiges Abkommen mit Deutschland über Migranten-Rückübernahmen. Polen sei aber wegen der Aufnahme einer hohen Zahl an Flüchtlingen aus der Ukraine und aufgrund des Migrationsdrucks an seiner Ostgrenze zu Belarus nicht in der Lage, Migranten aus anderen EU-Ländern zu übernehmen.

Der tschechische Innenminister Vit Rakusan hatte sich bereits Anfang März aufgeschlossen für eine weitreichende Verständigung mit Deutschland über Zurückweisungen an der gemeinsamen Grenze gezeigt. Zugleich warnte er vor einem möglichen Dominoeffekt der Grenzkontrollen im Schengenraum.

Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das waren rund 100.000 Asylerstanträge weniger als im Jahr zuvor.

Auf EU-Ebene wird aktuell über einen Punkt diskutiert, der womöglich in der bereits vereinbarten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) noch verschärft werden könnte. Konkret geht es darum, ob das sogenannte Verbindungselement aus dem Konzept des sicheren Drittstaats gestrichen wird. Vor allem die Grünen hatten das abgelehnt.

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