Der 1. FC Union Berlin hat sich von Trainer Nenad Bjelica getrennt. Der Klub ist akut abstiegsgefährdet – und gibt in mehrfacher Hinsicht ein schlechtes Bild ab.

Es ist weniger als ein Jahr her, da kannte der Jubel in Berlin-Köpenick kaum noch Grenzen. Ein 1:0 gegen Werder Bremen in der Alten Försterei reichte dem 1. FC Union zum größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte: Die Mannschaft hatte sich durch den Sieg tatsächlich erstmals für die Champions League qualifiziert – eine Sensation.

Auch die Auslosung für die Gruppenphase der Königsklasse meinte es gut mit dem Hauptstadtklub: Die SSC Neapel, Sporting Braga und Rekordchampion Real Madrid sollten in den kommenden Monaten in Berlin aufschlagen. Dementsprechend wurde investiert, vor allem in neue Spieler. Nationalspieler Robin Gosens kam aus Mailand, Torjäger Kevin Volland aus Monaco und mit dem Europameister Leonardo Bonucci gelang den „Eisernen“ sogar ein Coup, von dem zuvor nicht mal die treuesten Union-Anhänger zu träumen gewagt hätten.

Allein der Erfolg wollte sich in dieser Spielzeit nicht einstellen. In der Champions League schieden die Berliner ohne Sieg in der Vorrunde aus. Und auch in der Bundesliga lief es plötzlich überhaupt nicht mehr rund. Nach einem 0:4 in Leverkusen am 11. Spieltag rutschte Union gar auf den letzten Tabellenplatz ab. Der langjährige Erfolgscoach Urs Fischer nahm daraufhin seinen Hut. Ersetzt wurde er durch Nenad Bjelica, der den Abstieg verhindern sollte. Doch auch der 52-Jährige ist seit Montag Geschichte im Klub. Dabei hatte man ihm noch am Sonntagnachmittag die Treue geschworen.

Bjelica verliert seinen Job, Zingler seine Glaubwürdigkeit

Mit 3:4 verlor Union am Sonntag sein Heimspiel gegen den VfL Bochum. Es war ein herber Rückschlag für die Heimelf, gab sie doch im Abstiegskampf Punkte an die direkte Konkurrenz ab. Dass die Pleite aber den Trainer den Job kosten würde, wäre vor und nach der Partie kaum zu vermuten gewesen – wenngleich der „Kicker“ bereits unter der Woche über eine Trennung von Bjelica nach Saisonende berichtet hatte.

Der Grund: Union-Präsident Dirk Zingler erteilte den Spekulationen um die Zukunft des Trainers derart deutlich eine Absage, dass überhaupt kein Zweifel daran bestehen konnte, dass man im Verein weiter auf den Kroaten setzen würde – im Zweifelsfall gar über den Sommer hinaus.

„Nenad Bjelica hat unsere volle Unterstützung“, hatte Zingler kurz vor der Partie gegen den VfL Bochum beim übertragenden Streaminganbieter DAZN gesagt. Dann legte er nach: „Uns berührt nicht, was außerhalb des Klubs geschrieben oder gesagt wird. Zwischen uns, die Verantwortung tragen im Klub, und der Mannschaft gilt nur das, was wir uns untereinander sagen. Und da sind wir relativ klar. Wir wissen, was richtig ist“, so Zingler. Die Spieler würden dem Trainer folgen, betonte er. Dass der Klub gegen den Abstieg kämpfe, habe nichts mit Bjelica zu tun.

Klare Worte von Zingler, die, wie sich nun herausstellt, am Ende offenbar doch nur ein unaufrichtiges Bekenntnis waren. Denn genau 24 Stunden später ist Bjelica seinen Job los – und Zingler seine Glaubwürdigkeit.

Wenig Erfahrung und Sané-Eklat: War Bjelica ein Fehler?

Zwei Saisonspiele bleiben Union nun noch, um den Absturz in die Zweitklassigkeit zu verhindern. Eine Situation, in die sich der Klub selbst hineinmanövriert hat. Der Abstieg aus der Bundesliga, nur ein Jahr nach dem Erreichen der Champions League, würde den Verein in seiner Entwicklung wohl schwer treffen. Vor allem die Entscheidungen der Führungsriege hinsichtlich der Mannschaft wirken dabei in der Nachbetrachtung durchaus fragwürdig.

Bei der Suche nach einem Nachfolger für Fischer war Bjelica offenbar der Wunschkandidat von Zingler. Dabei hatte dieser außer in Kroatien international kaum erfolgreiche Arbeit vorzuweisen. Medienberichten zufolge verzichtete Bjelica sogar auf Videoanalysen in der Vorbereitung auf Ligaspiele, was durchaus zu Unmut im Team geführt haben soll.

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