SPD-Parteitag in Berlin
Klingbeil: „Putin ist nicht Michail Gorbatschow“
27.06.2025 – 18:10 UhrLesedauer: 4 Min.
Finanzminister und SPD-Chef Lars Klingbeil hat beim Parteitag in Berlin Fehler eingeräumt. Zugleich gab er sich vor der Wahl zur Parteispitze kämpferisch.
SPD-Chef Lars Klingbeil hat beim SPD-Parteitag in Berlin Fehler und Versäumnisse vor und nach der Bundestagswahl eingeräumt. Gleichzeitig warb er vor den Delegierten der Sozialdemokraten dennoch für seine Wiederwahl.
SPD-Chef Lars Klingbeil hat beim Parteitag der Sozialdemokraten Fehler und Versäumnisse eingeräumt. Er trage natürlich Verantwortung für das historisch schlechte Ergebnis der SPD bei der Bundestagswahl von 16,4 Prozent, sagte Klingbeil am Freitag in Berlin. Er stelle sich „nicht aus Selbstzweck“ zur Wiederwahl, „sondern weil ich alles dafür tun will, dass unsere Partei wieder stark wird“.
„Ohne Frage selbstkritisch muss man sagen, wir hätten viel früher und konsequenter die Signale sehen sollen“, sagte Klingbeil, der seit Ende 2021 Parteichef ist, mit Blick auf die Ampel-Regierung unter SPD-Führung. „Spätestens ab Ende 2023, als es wirtschaftlich bergab ging und als wir doch gemerkt haben, dass die Krise da ist.“
„Wir haben viel zu spät reagiert und im Wahlkampf war es dann zu spät“, sagte Klingbeil. Die SPD sei damals „gegen eine Wand gelaufen“. Nach dem harten Wahlabend habe er zwei Alternativen gehabt: „Entweder ich höre auf oder ich gehe voll in die Verantwortung für die SPD.“
Er habe sich dann für das Weitermachen entschlossen, damit die Partei in den anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der Union handlungsfähig bleibe, sagte Klingbeil. Denn etwas anderes hätte niemand der SPD verziehen. Deshalb habe er vorübergehend neben dem Parteivorsitz auch den Fraktionsvorsitz übernommen, „um auf Augenhöhe mit Friedrich Merz über eine Regierung verhandeln zu können“.
Klingbeil steht in der Partei teils in der Kritik, weil er anders als seine bisherige Ko-Parteichefin Saskia Esken erneut antritt. Er sagte nun, dass die Kritik gegen die Parteilinke Esken nach der Wahl „oftmals über das gerechtfertigte Maß“ hinausgegangen sei und lobte die Arbeit von Esken. Für den Co-Vorsitz neben Klingbeil bewirbt sich nun Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas. Diese hatte in ihrer vorherigen Rede auf dem SPD-Parteitag den Umgang mit Esken deutlich kritisiert.
Darüber hinaus hat sich Klingbeil hinter den umstrittenen Renten-Vorstoß von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) gestellt, die Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung auf eine breitere Grundlage zu stellen. Es habe seine „volle Unterstützung“, wenn Bas überlege, „ob es nicht Sinn machen könnte, künftig auch die Beamten in die Rente einzubeziehen“, sagte Klingbeil beim SPD-Parteitag am Freitag in Berlin über die möglichen Änderungen bei der Rente, die Bas vornehmen könnte. Denn Ziel sei dabei, das gesetzliche Rentensystem „fairer und gerechter“ zu machen.
„Das ist genau das, was wir brauchen: Konzepte neu denken“, betonte Klingbeil vor den Delegierten. Bas hatte Mitte Mai vorgeschlagen, künftig auch Beamte und Selbstständige sowie Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Dies war vom Koalitionspartner Union umgehend abgelehnt worden.
Die Arbeitsministerin soll bei dem Parteitag als neue Co-Vorsitzende der Partei neben Klingbeil gewählt werden. Bas betonte am Freitag in ihrer Bewerbungsrede, es gehe nicht nur um die finanzielle Tragfähigkeit der gesetzlichen Rente. Es gehe auch „um Akzeptanz für ein gerechtes System, in das alle Erwerbstätigen einzahlen.“ Dies sei „der wichtige Punkt für die zukünftigen Debatten“.
Des Weiteren will die Spitze der SPD trotz fehlender politischer Mehrheiten dafür weiter auf mehr Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland pochen. Man hätte gern im Koalitionsvertrag gesehen, dass Spitzeneinkommen und sehr hohe Vermögen und Erbschaften viel stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls herangezogen werden, sagte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil beim SPD-Parteitag.
Die SPD habe aktuell bei diesem Thema aber keine Mehrheit. „Und das müssen wir verändern.“
„Es ist nicht linksradikal, die Verteilungsfrage in unserem Land zu stellen.“ Es gehe auch nicht um Neid. „Da geht es darum, dass Gesellschaft zusammenhält und dass wir bessere Schulen und eine gute Infrastruktur haben, die dann allen zur Verfügung steht.“ Dies sei bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union aber nicht durchsetzbar gewesen.